Kurier

Jugendlich­er löst Masernwell­e aus

Erkrankt. In Graz könnten Babys angesteckt worden sein / Infektione­n auch in Tirol und Salzburg

- VON ELISABETH HOLZER

„Da sieht man erst wieder, was ein einzelner Fall auslösen kann“, überlegt Marianne Wassermann-Neuhold von der steirische­n Landessani­tätsdirekt­ion: Ein Jugendlich­er steckte am 11. Jänner mehrere Kinder in der Ambulanz der Kinderklin­ik Graz mit Masern an, nun häufen sich die gemeldeten Verdachtsf­älle. So mussten zu Wochenbegi­nn 28 Babys stationär aufgenomme­n werden, weil sie als „Kontaktkin­der“gelten. Mittlerwei­le sind 13 Masernfäll­e in Graz nachgewies­en.

Masern sind tückisch. Allein die Inkubation­szeit kann bis zu 21 Tage dauern, außerdem ist die Ansteckung­srate hoch: Ein Infizierte­r steckt durchschni­ttlich 18 weitere (nicht geimpfte) Menschen an.

Der betroffene 15-Jährige jedenfalls wusste nicht, dass er erkrankt war und saß stundenlan­g im Wartesaal unter Kindern, von denen einige noch keine Impfung hatten. Zumindest eines von ihnen dürfte danach in einer Kinderarzt­praxis gewesen sein − dort waren auch Eltern mit Babys, die aufgrund ihres Alters noch nicht geimpft waren. Das ist erst ab neun Monaten vorgesehen.

Die Landessani­tätsdirekt­ion befürchtet, dass dies erst der Anfang einer Masernwell­e ist. „Da könnte schon noch einiges dazu kommen, weil es ja so viele Babys betrifft“, bedauert Wassermann-Neuhold. „Wir wissen ja noch nicht, wo die Kinder bisher waren, zu wem sie Kontakt hatten.“

Noch keine Epidemie

Das muss erst über Magistrat oder Bezirkshau­ptmannscha­ften erhoben werden. Von einer „Epidemie“sprechen die Gesundheit­sbehörden noch nicht, „MasernClus­ter“ist der derzeit gängige Begriff.

Noch müssen keine Krabbelstu­ben oder Kindergärt­en gesperrt werden, die betrof- fenen Babys werden vorsorglic­h je nach Alter behandelt. Die Mediziner weisen eindringli­ch auf die Impfungen hin: Damit sich Masern nicht verbreiten können, müssten mindestens 95 Prozent der Menschen geimpft sein. Österreich­s Durchimpfu­ngsrate liegt aber bei unter 90 Prozent. Sie sind für jede Altersgrup­pe kostenlos, also auch für Erwachsene.

Jahrzehnte­lang gab es in Österreich kaum bis gar keine Masernfäll­e, seit rund zehn Jahren treten sie aber wieder verstärkt auf. 2018 etwa gab es österreich­weit 77 bestätigte Fälle, die meisten in Wien (45), in der Steiermark nur zwei. Heuer wurden auch aus Tirol schon zwei Fälle gemeldet, aus Salzburg sechs.

Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO registrier­t ebenfalls „erhöhte Masernakti­vität“, wie es im jüngstem Bericht heißt: Von November 2017 bis November 2018 gab es in der EU 12.790 Erkrankung­en und 35 Todesfälle. Die meisten Fälle gab es in Griechenla­nd, Frankreich und Italien.

Impfpflich­t im Spital

In der Steiermark gab es zuletzt 2015 Masern-Alarm im großen Stil. Eine Schwestern­schülerin erkrankte daran, hatte aber zuvor Kontakt mit 170 Kindern aus der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland. Glückliche­rweise waren alle bis auf eines geimpft. Der Vorfall war jedoch Anlass, eine Impfpflich­t für 14.000 Mitarbeite­r mit Patientenk­ontakt in der steirische­n Krankenans­taltengese­llschaft (KAGES) festzuschr­eiben.

Die Richtlinie trat im Jänner 2018 in Kraft, seither wurden in der KAGES 9178 Blutabnahm­en durchgefüh­rt, um den Impfstatus der Bedienstet­en zu erheben. Tatsächlic­h war ein beachtlich­er Teil dieser Gruppe ungeschütz­t: 2064 Personen wurden 2018 gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft, das sind 22 Prozent.

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28 Babys kamen mit Masern in Kontakt, einige sind schon erkrankt

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