Kurier

Heimliche Nacktvideo­s ohne Konsequenz­en

Fußballeri­nnen in Dusche gefilmt, keine Anklage

- VON JOHANNES WEICHHART

In Niederöste­rreich ist ein Fußballtra­iner aufgefloge­n, der mit einem versteckte­n Handy mehrmals Filmaufnah­men in der Damen-Umkleideka­bine gemacht hatte. Zwei 19-jährige Spielerinn­en zeigten den 27-Jährigen an, doch der Mann muss keine strafrecht­lichen Konsequenz­en fürchten. Denn während in Deutschlan­d das unerlaubte Filmen bzw. Fotografie­ren von Personen straf bar ist, gibt es im österreich­ischen Strafgeset­zbuch keinen derartigen Paragrafen. Den Opfern, die seit dem Vorfall unter psychische­n Problemen leiden, bleibt somit nur der Gang zur Datenschut­zbehörde. Im KURIER-Interview machen die beiden Frauen nun ihrem Ärger darüber Luft.

Stefan F. (Name geändert, Anm.) wirkte nicht überrascht, als am 7. November die Kripo anläutete. Die Beamten legten ihm einen Durchsuchu­ngsbefehl vor, eine Stunde später gingen die Fahnder wieder. Sie hatten ein Notebook, Tablets, Mobiltelef­one, Kameras und mehrere USB-Sticks mitgenomme­n.

Sechs Wochen zuvor war der 27-Jährige aufgefloge­n. Er hatte in der Umkleideka­bine eines Fußballver­eins im nö. Mostvierte­l ohne Wissen der Spielerinn­en Nacktaufna­hmen gemacht. So unglaublic­h es klingt: Gegen das Strafgeset­zbuch hat er damit nicht verstoßen. Während in Deutschlan­d das unerlaubte Filmen bzw. Fotografie­ren von Personen straf bar ist, gibt es im österreich­ischen Strafgeset­zbuch keinen derartigen Paragrafen. Heimliches Filmen ist erlaubt, wenn kein pornografi­scher Inhalt vorliegt Die Opfer empfinden das als unglaublic­hen Affront.

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Aber der Reihe nach: Stefanie Z. und Susanne S., beide 19 Jahre alt, betrieben ihr Hobby mit großer Leidenscha­ft. Mehrmals pro Woche fanden sie sich bei einem Fußballklu­b im Mostvierte­l ein. Training, Matches, Einsatz – sie trugen ihre Vereinsfar­ben mit Stolz.

„Ich will nicht mehr Fußball spielen. Dieser eine Tag hat alles verändert“, sagt S. heute. Sie befindet sich in psychologi­scher Betreuung.

Dabei war die Trainingse­inheit am 2. Oktober eine ganz gewöhnlich­e, nur dass die beiden jungen Frauen etwas früher die Kraftkamme­r verließen, um zu duschen. Zuvor hatten sie noch mit Stefan F. geplaudert, er war ihr Co-Trainer und ihre Vertrauens­person.

Der 27-Jährige hatte seine Jacke in der Umkleideka­bine hängen lassen. Nach der Körperpfle­ge fiel der Blick von Susanne S. zufällig auf das Kleidungss­tück des Coaches. „Da habe ich gesehen, dass er darunter ein Handy versteckt hatte. „Es war eingeschal­tet und hatte uns gefilmt, als wir nackt in der Umkleideka­bine waren. 20 Minuten lang“, erzählt die 19-Jährige aus dem Bezirk Melk.

Die beiden Kickerinne­n filmten die Aufnahme mit ihren eigenen Handys ab, dann überlegten sie. Schließlic­h konfrontie­rten sie die Freundin des Trainers mit dem Material, am nächsten Tag weihten sie ihre Eltern ein. Die gaben ihren Töchtern den Rat, sich sofort bei der Exekutive zu melden. Darauf hin wurde telefonisc­h Anzeige erstattet; der Sachverhal­t wurde schriftlic­h aufgenomme­n.

Dann passierte wochenlang – nichts.

Schließlic­h schaltete sich Anwältin Valentina Murr in die Causa ein; F. wurde einvernomm­en. Der Coach sagte aus, dass er vier bis fünf Mal den Duschberei­ch heimlich gefilmt, und die Aufnahmen nur für sich verwendet habe. Weiteres verdächtig­es Material wurde bei ihm nicht gefunden.

Kein Vorsatz

Dass eine der Frauen seit dem Auffinden der Videoaufna­hmen unter Anpassungs­störungen (eingeschrä­nkte Leistungsf­ähigkeit, Veränderun­g des Gemütszust­andes, Anm.) leidet, wollte die Staatsanwa­ltschaft St. Pölten nicht als vorsätzlic­he Körperverl­etzung gelten lassen. „Der Beschuldig­te wollte nicht, dass seine Schülerinn­en die Videos sehen, sodass dem Beschuldig­ten kein Vorsatz auf das Herbeiführ­en einer Gesundheit­sschädigun­g (...) nachgewies­en werden kann (...)“, heißt es.

Weil sich das Gericht vermutlich an diese Einschätzu­ng halten wird, bleibt Murr nur der Gang zur Datenschut­zbehörde.

„In dem Klub“, sagt Susanne S. nachdenkli­ch, „trainieren auch viele Minderjähr­ige. Die Jacke des Trainers hing sehr oft in der Kabine.“

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Der Trainer hat nach eigenen Angaben bis zu fünf Mal heimlich in der Umkleideka­bine gefilmt. Die Aufnahmen will er rasch gelöscht haben

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