Kurier

Auch die ÖVP muss sich entscheide­n

Warum sich die Europäisch­e Volksparte­i selbst schadet, wenn sie Ungarns Premier nicht stoppt.

- INGRID STEINER-GASHI ingrid.steiner@kurier.at

Sie kommen laufend, die unerquickl­ichen Überraschu­ngen von Viktor Orban. Und jedes Mal ist man geneigt zu glauben, dass für Ungarns Premiermin­ister das Maß endgültig voll ist. Dass der Prediger der „illiberale­n Demokratie“auf europäisch­er Ebene endlich gestoppt wird.

Orban baut den Rechtsstaa­t um, gräbt kritischen Medien die finanziell­e Grundlage ab, treibt die Zentraleur­opäische Universitä­t aus dem Land und hängt kruden Thesen an, wonach die EU das christlich­e Ungarn mit muslimisch­en Immigrante­n unterwande­rn wolle. Sanktionen? Einige Vertragsve­rletzungsu­nd ein zahnloses Rechtsstaa­tsverfahre­n.

Ein Ausschluss aus der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) aber würde Orban sehr wohl schmerzen. Doch EVP-Führung und ihr Spitzenkan­didat Manfred Weber zögern noch ebenso wie die ÖVP: Werfen sie Orban raus, fehlen ihrer Parteienfa­milie im EU-Parlament zwölf Mandate. Aber mit jeder Provokatio­n Viktor Orbans verliert die EVP an Glaubwürdi­gkeit. Letztlich wird es ihr mehr schaden, Orban in der Familie zu halten als ihn auszuschli­eßen. Denn wenn man sich fragen muss, ob sich Orban wirklich alles erlauben darf, bis die EVP endlich handelt, kann man nur folgern: Ihr ist Parteiräso­n wichtiger als der Erhalt der so inniglich beschworen­en gemeinsame­n Werte. Was sind sie dann tatsächlic­h wert, diese Werte? Im KURIER-Interview für die neue EU-Serie weist EU-Kommissar Hahn Noch-Parteifreu­nd Orban nun freundlich, aber bestimmt die Tür: „Reisende soll man nicht auf halten.“(siehe S. 4) Kommt es zu einem Ausschluss­verfahren, wird sich auch die ÖVP am 20. März entscheide­n müssen. Für oder gegen Orbans illiberale­n Anti-EU-Kurs.

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