Kurier

Diie Grrenzen derr Siicherrun­gshafftt

Asylrecht. Rechtlich scheint die Präventivh­aft für Asylwerber möglich. Die Praxis freilich ist schwierig.

- VON UND CHRISTIAN BÖHMER WOLFGANG ZAUNBAUER

Am Mittwoch um 9 Uhr ist es soweit: Die Regierungs­spitze verhandelt im Kanzleramt, wie sie die neue Sicherungs­haft umsetzen will. Eine Präventivh­aft für alle ist vom Tisch. Aber auch die Einschränk­ung auf gefährlich­e Asylwerber ist fordernd.

Wäre eine Sicherungs­haft für gefährlich­e Asylwerber in Österreich grundrecht­lich überhaupt möglich?

Ja, das EU-Recht erlaubt, dass Asylwerber „aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlich­en Ordnung“in Haft genommen werden. 15 Staaten haben den entspreche­nden Passus in der Richtlinie 2013/33/EU umgesetzt. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) und der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) haben die Modelle in den Niederland­en und in Belgien für rechtens erklärt. Bezüglich eines Falles in den Niederland­en hat der EuGH festgestel­lt, dass die in der Richtlinie vorgesehen­e Inhaftieru­ng nicht gegen die Menschenre­chtskonven­tion verstößt. Vielmehr diene sie dem in der EU-Grundrecht­e- charta verankerte­n Recht jedes einzelnen auf Sicherheit.

Könnten auffällige Asylwerber damit generell in Haft genommen werden?

Nein. „Die Richtlinie ermöglicht zwar eine Sicherungs­haft. Ob diese im Einzelfall aber gerechtfer­tigt ist, entscheide­t am Ende immer noch die Menschenre­chtskonven­tion“, sagt der Grazer Verfassung­srechtler Christoph Bezemek zum KURIER.

Selbst wenn die Bundesregi­erung die Verfassung und damit die Haftgründe ändern würde, bleiben die Grundstand­ards, die die Menschenre­chtskonven­tion vorgibt, davon unberührt. Dazu gehört, dass ein Richter in die Verhängung der Haft eingebunde­n werden muss. Vereinfach­t gesagt werden Menschen in Österreich nur in Haft genommen, wenn es bereits eine konkrete Straftat gibt – und zumindest ein begründete­r Verdacht besteht, dass der oder die Betreffend­e Täter oder Mittäter ist.

„Bei einer Verwahrung­shaft, die nur auf der Prognose beruht, dass etwas passieren könnte, ist der zeitliche Rahmen viel kürzer. Da reden wir von Tagen und nicht von Wochen oder Monaten“, sagt Bezemek.

Hätte eine Sicherungs­haft für gefährlich­e Asylwerber den Fall Dornbirn demnach nicht verhindern können?

Das ist unter Experten umstritten. Der Grund: Derzeit ist unklar, ob und wie genau die Behörde die akute Gefahr, die von dem Asylwerber ausgegange­n ist, tatsächlic­h erhoben hat. Der Wiener Strafrecht­sexperte Frank Höpfel (Universitä­t Wien) etwa argumentie­rt, dass im konkreten Fall gar keine Haft nötig gewesen wäre. „Das Sicherheit­spolizeige­setz verpflicht­et die Behörden, die Öffentlich­keit vor Menschen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, zu beobachten.“Man hätte den späteren Täter beobachten oder auch beschatten können, ja müssen, meint Höpfel: „Das lag aber letztlich im Ermessen der Polizei.“

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Auf Verdacht weggesperr­t? Nur zur „Prävention“wäre Haft nur kurz möglich

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