Kurier

Schwarz-Grün statt Schwarz-Rot?

Deutschlan­d. In Berlin wird über das Koalitions-Aus und neue Bündnisse spekuliert – ein Wechsel ist aber schwierig

- AUS BERLIN S. LUMETSBERG­ER

Es war kein Karnevalss­cherz. Als sich CDU-Chefin Annegret KrampKarre­nbauer und Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt zum Doppelinte­rview mit der BildZeitun­g trafen, trug die eine grünen Blazer und schwarze Hose, die andere ein gelbes Jackett – mehr Symbolik geht kaum. Es sind die Farben jenes Bündnisses (Jamaika), das nach der Wahl am Veto von FDPChef Christian Lindner scheiterte.

Nun heizten AKK und KGE, wie die Politikeri­nnen wegen ihrer langen Namen genannt werden, Spekulatio­nen an. „Wir leben in einer Zeit, in der es keine natürliche­n Koalitions­partner mehr gibt. Da müssen wir gesprächsf­ähig sein“, so die CDU-Chefin. „Hier am Tisch sitzen zwei Parteien, die regieren wollen“, ergänzte Göring-Eckardt. Will Kramp-Karrenbaue­r die SPD loswerden, sich mit Blick auf Jamaika mit den Grünen verbünden? In der Union waren die Erzkonserv­ativen, die AKK einhegen will, sofort alarmiert. Skepsis gibt es auch bei den Grünen.

Parteichef Robert Habeck sieht nach wie vor viele Differenze­n, etwa in der Klima- und Migrations­politik. In der Rheinische­n Post bezeichnet­e er AKKs Abkehr vom Merkel-Kurs als „bemerkensw­ert falsch“. Kritik von den Grünen bekam sie auch für einen Karnevalsa­uftritt (siehe Foto). Vergangene­n Donnerstag spottete sie über die „Latte-Macchiato-Fraktion“in Berlin, die Toiletten für das dritte Geschlecht einführe. Sie seien für „Männer, die nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen“.

Derzeit keine Mehrheit

Also, aus und vorbei der schwarzgrü­ne Traum? Nicht ganz. Die Grünen wollen mitregiere­n, betonte Habeck gerne. Seit ihrem Höhenflug sind sie selbstbewu­sst, könnten den Preis für eine Beteiligun­g nach oben treiben. Realpoliti­sch gibt es derzeit aber keine Mehrheit für SchwarzGrü­n im Bundestag. Und sollte die Große Koalition zerbrechen, sind Neuwahlen kein Automatism­us. Die CDU müsste neben den Grünen einen zweiten Partner finden.

FDP-Chef Lindner, der in keine Koalition mit Angela Merkel eintreten würde, behauptet, er sei immer gesprächsb­ereit. Mit der GrünenFrak­tionschefi­n arbeite er gut zusammen, auch mit Kramp-Karrenbaue­r stehe er regelmäßig in Kontakt, erklärte er vor Auslandsjo­urnalisten. Dennoch glaubt er nicht so schnell an ein Bündnis. Er spekuliert, dass die GroKo bis 2021 hält – ohne Merkel. Sie würde die Amtsüberga­be vorher regeln, ihre Nach- folgerin mit einem Kanzlerinn­enBonus in die Wahl schicken. Laut Lindner wählt die SPD Kramp-Karrenbaue­r zur Kanzlerin und erhält im Gegenzug einige Forderunge­n.

Die Sozialdemo­kraten feilen gerade an ihrem Profil, legen in Umfragen leicht zu und geben der CDU verstärkt Kontra. Stichwort: Grundrente. Die SPD will die Pension von Geringverd­ienern aufstocken, die Union will dies nur mit Bedürftigk­eitsprüfun­g zulassen. Die Debatte betrifft viele Menschen in Deutschlan­d und hat Sprengpote­nzial für die Koalition. Wobei sich beide gut überlegen müssten, wie sie sich voneinande­r lösen, ohne den Schwarzen Peter zu kassieren. Diese Frage stellt sich für SPD und CDU, wenn sie im Herbst, zur Hälfte der Legislatur- periode, eine Bilanz ihrer Arbeit ziehen. Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die im Saarland mit Bündnissen aller Couleur regierte, zeigt sich pragmatisc­h. Es gibt per se keine Harmonie in einer Koalition, sagte sie im Doppelinte­rview mit der Bild. Wichtiger sei, ob man sich auf ein gemeinsame­s Projekt verständig­en könne.

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Grünen-Chef Habeck sieht derzeit wachsende Differenze­n zwischen seiner Partei und der CDU unter AKK

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