Kurier

Warum Beamte und Börsianer freibekomm­en

Karfreitag. Das eigenmächt­ige Handeln von Bürgermeis­tern und Firmenchef­s ist rechtlich gedeckt – aus unterschie­dlichen Gründen

- VON CHRISTINE KLAFL UND ROBERT KLEEDORFER

Der Knatsch um den Karfreitag nimmt kein Ende. Nun sorgen, wie berichtet, einige ÖVP-Bürgermeis­ter für Unmut, indem sie ihren Gemeindebe­diensteten eigenmächt­ig an diesem Tag freigeben. „Jo, derf’n die des?“, fragen sich zahlreiche KURIER-Leser empört. Ja, dürfen sie, so die Antwort von Experten.

Grundsätzl­ich gilt für alle Arbeitnehm­er am Karfreitag: Eine Diskrimini­erung aufgrund der Religionsz­ugehörigke­it ist nicht erlaubt, entweder Feiertag für alle oder keinen. Der Nationalra­t hat mit den Stimmen der Regierung die Entscheidu­ng des EuGH dahingehen­d vollzogen, dass der Feiertag nun auch für die Protestant­en und Altkatholi­ken fällt.

Bezüglich der Landesund Gemeindebe­diensteten fällt die Regelung in die Zuständigk­eit der jeweiligen Landtage. Sie können laut Arbeitsrec­htler Wolfgang Mazal auf Basis des EuGH-Erkenntnis­ses einen Sonderurla­ub genehmigen – oder auch nicht. Was nicht geht, ist, dass eine Gruppe frei bekommt und eine andere nicht. Auf Ebene eines gesamten Bundesland­es muss es daher eine einheitlic­he Lösung geben. Entschließ­t sich ein Bürgermeis­ter, entgegen dem Landesgese­tz freizugebe­n, so muss dies ebenfalls diskrimini­erungsfrei geschehen.

Spezialfäl­le

Doch der Teufel steckt im Detail der unterschie­dlichen Landesrege­lungen, wie Franz Marhold, Vorstand des Instituts für Arbeitsrec­ht an der WU Wien, erklärt. Oft knüpfe das Landesrech­t direkt an jenes des Bundes an, wie etwa in der Steiermark und im Burgenland.

So heißt es im Beamtenrec­ht des Bundes: Samstage und gesetzlich­e Feiertage sind nach Möglichkei­t dienstfrei zu halten. Da der Karfreitag nunmehr kein Feiertag ist, fällt auch der rechtliche Anspruch weg.

Dennoch handeln die Bürgermeis­ter, die ihren Untergeben­en freigeben, nicht rechtswidr­ig, meinen beide Experten. „Eine gewisse Personalho­heit hat jeder Vorgesetzt­er“, sagt Marhold. Das Zauberwort heißt Sonderurla­ub.

Dieses Zauberwort ist mittlerwei­le auch in immer mehr Unternehme­n zu hören. Sie geben ihren Mitarbei- tern einfach frei. Wenn sich ein börsenotie­rtes Unternehme­n dazu entschließ­en sollte – könnten sich Aktionäre dadurch geschädigt fühlen?

Aktiengese­tz

Die Vorstandse­tagen können sich beruhigt generös zeigen. Ob Sonderbonu­s, sechste Urlaubswoc­he oder eben ein freier Karfreitag: § 70 des Aktiengese­tzes gibt dafür freie Hand, sagen Juristen. „Der Vorstand hat unter eigener Verantwort­ung die Gesellscha­ft so zu leiten, wie das Wohl des Unternehme­ns unter Berücksich­tigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehm­er sowie des öffentlich­en Interesses es erfordert“, heißt es hier. Anlegern gegenüber ließe sich ein zusätzlich­er freier Tag leicht argumentie­ren: Erholte Mitarbeite­r würden schließlic­h motivierte­r und produktive­r arbeiten.

Aktive Aktionäre können sich am Karfreitag schließlic­h selbst zurücklehn­en. Dieser Tag gehört nach wie vor zu den Börsenfeie­rtagen, wie übrigens auch etwa in Frankfurt oder New York.

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