Kurier

Als das Kunstgesch­ehen noch überschaub­ar war

Porträt. Ex-Museumsche­f Peter Baum, Chronist der Wiener Szene der 1960er, zeigt eigene Kunst

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„Wenn man die letzten Jahre hernimmt, kann man sagen, es hat sich alles erfüllt, was wir uns erträumt haben“, sagt Peter Baum. „Wien ist eine Kunststadt, vielseitig und lebendig, auf allen Sektoren.“

Wenn man erfahren will, wie es „früher“war, weiß Baum in höchster Lebendigke­it davon zu berichten: Der einstige Kunstkriti­ker und Museumsdir­ektor, der kürzlich seinen 80. Geburtstag feierte, verfügt nicht nur über einen reichen Schatz von Anekdoten, sondern auch über ein umfassende­s FotoArchiv, in dem insbesonde­re das Wiener Kunstgesch­ehen der 1960er-Jahre aus nächster Nähe dokumentie­rt ist. Eine Auswahl der Bilder ist seit 2014 im Souterrain des Belvedere 21 ausgestell­t. Das damalige „20er Haus“war einer jener Orte, in denen Wiens Kunstschaf­fende und ihr Publikum auf internatio­nale Größen trafen und einander inspiriert­en.

„Ende der 50er, Anfang der 60er war Wien tatsächlic­h ein Sammelbeck­en im Auf bruch“, sagt Baum und kontert damit die Erzählung von der „faden“und „grauen“Stadt jener Zeit. „Es war natürlich wesentlich überschaub­arer, und man hat eigentlich gewusst, wer die starken Künstler sind. Es sind auch vergleichs­weise gar nicht wenige Frauen in die Szene involviert gewesen.“

Die Galerie St. Stephan ab 1954, die Galerie im Griechenbe­isl ab 1962, dazu eine Reihe von Lokalen und Räumlichke­iten, in denen man Kunst zu sehen bekam – die Landkarte der Wiener Szene, die Baum zeichnet, ist um ein Vielfaches überschaub­arer als die heutige.

Tausendsas­sa

Und der damals jugendlich­e Kunst-Enthusiast konnte sich bald in verschiede­nen Rollen in dieser Landschaft bewegen: Noch bevor Baum als regelmäßig­er Mitarbeite­r der Oberösterr­eichischen Nachrichte­n Kritiken und Reportagen über das Wiener Kunstund Jazzleben schrieb, war er selbst als Künstler aktiv.

Seine druckgrafi­schen Werke – abstrakte Kompositio­nen mit teils kalligrafi­schem Charakter, an der um 1960 angesagten informelle­n Malerei geschult – hat Baum nun erstmals nach Jahrzehnte­n wieder hervorgeho­lt und zu einer Ausstellun­g in den Räumen der „Altkalksbu­rger Vereinigun­g“– dem Absolvente­nclub von Baums ehemaliger Schule – in der Hof burg gruppiert (öffentlich zugänglich am 9. 3., 15– 18 Uhr, und am 26. 3., 15–22 Uhr, Prof. Baum ist anwesend.)

Dass die „Szene“einst durchlässi­ger – und in ihren Sparten weniger profession­alisiert – war, zeigt auch der Umstand, dass Baum wäh- rend seiner Zeit als Künstler und Kritiker gleichzeit­ig noch Galerien leitete: Von 1965 bis 1969 die „Galerie auf der Stubenbast­ei“, von 1971–74 dann die „Galerie Schottenri­ng“, wo z. B. 1974 die erste Wiener Solo-Schau der Künstlerin Birgit Jürgenssen stattfand. Ende 1973 wechselte er in die Neue Galerie der Stadt Linz, wo er bis zu deren Transforma­tion ins heutige Lentos Museum (2004) Chef blieb. Die Schau „Fotografie“im Lentos zeigt noch bis 12. Mai ausgewählt­e Stücke der von Baum Mitte der 70er-Jahre begründete­n Lentos-Fotosammlu­ng.

Der Senior, der bereits mehrere Bildbände mit den Ergebnisse­n seiner eigenen Fotografie­rlust gefüllt hat, ist derweil weiter rastlos: Das Kärntner Museum Liaunig, an dessen Konzeption Baum ebenfalls maßgeblich beteiligt war, zeigt ab Mai eine eigene Sonderscha­u zu Baums Kunstsamml­ung und seinen Archivschä­tzen.

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Kunstkenne­r Peter Baum vor eigenen Grafiken aus den 1960ern
 ??  ?? Der Maler Franz Ringel anno 1968, fotografie­rt von Peter Baum
Der Maler Franz Ringel anno 1968, fotografie­rt von Peter Baum

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