Feuer Starter
Prodigy-Frontmann. Keith Flint ist tot. Er war die sich überschlagende Stimme von Welthits wie „Firestarter“und „Breathe“– und machte die stilprägende Elektropunkrock-Formation live zum außergewöhnlichen Ereignis. Allein anhand seines Blicks – aufgerissene Augen, im Augenwinkel: steile Abgründe, überlagert mit dem Nachglühen vieler Drogen – lässt sich die Popgeschichte der 1990er erzählen.
Keith Flint ( 49) war die brachiale, rastlose, sich die bunten Haarspitzen raufende Frontfigur eines Eroberungsfeldzugs, der bis heute die Musiklandschaft verändert hat: Seine Band, The Prodigy, hat in den 1990ern mitgeholfen, die elektronische Tanzmusik hitparadentauglich zu machen – und zugleich die angegrauten Zornesgesten des frühen Rock und des Punk mit neuem, zeitgemäßeren Leben erfüllt.
Sie verband die schwarz gefärbten hedonistischen Exzesse der Ecstasy-gefütterten Londoner Rave-Szene mit Massenunterhaltung. ✝
Flint, optisch irgendwo zwischen ComputerspielFigur, Horrorclown und Schmerzensmann angesiedelt, war die sich überschlagende Stimme der Welthits „Firestarter“und „Breathe“, beide vom Erfolgsalbum „Fat of the Land“(1997). Gleich mit dem „Firestarter“-Video prägte Flint sein Image als nasengepiercte, zornige Wahnsinnsfigur aus dem Untergrund, den Eingeweiden der Stadt. Das Video wurde von der BBC gleich einmal verboten. Auf MTV hingegen lief es rund um die Uhr.
Gegen den Strom
Der damals mächtige Musiksender hatte aber mit einem anderen Video von The Prodigy seine Probleme – und nahm den wegen seines frauenfeindlichen Textes schon damals umstrittenen Song „Smack MyBitch Up“aus dem Programm. Dieser zornige Grenzgänger-Zugang war auch 1997 – in den briti- schen Charts hatten damals Elton John, die Spice Girls, R. Kelly und, nun ja, die Teletubbies Nummer-eins-Hits – schon ordentlich gegen den Strom. Dem Ruhm gab die eine oder andere Kontroverse natürlich Anschub.
Vorgeschichte
Flint wurde am 17. September 1969 in Essex geboren. Er flog mit 15 Jahren von der Schule, arbeitete danach u. a. als Fleischhauer und Dachdecker. 1989 traf er DJ Liam Howlett, der dann zum kreativen Geist von The Prodigy avancierte. Das Bandprojekt wurde zum Teil der Szene, aus der sie dann zur weltweiten Nummer-eins-Band emporstiegen. Begleitet, natürlich, vom Ausverkaufsvorwurf.
Den gaben The Prodigy zuletzt aber postwendend zurück. Flint übte etwa 2015 im KURIER-Interview scharfe Kritik an der „entsetzlichen Kommerzialisierung der elektronischen Musik“, deren weichgespülte Vertreter mit energieschonenden Knöpfchendreh-Auftritten ordentliche Gagen abkassieren.
The Prodigy waren da bis zuletzt anders: Ihre LiveShows waren ein hochenergetisches Brachialgewitter, von der Ästhetik her zwar nicht mehr taufrisch, aber auch 20 Jahre nach ihren größten Hits eindrücklich.
Nach einer Live-Tournee in Australien ist Flint nun, laut Howlett, aus dem Leben geschieden.