Kurier

Causa Buwog: „Jörg Haider war das Zünglein an der Waage“

Was wusste Haider? Grassers Ex-Kabinettsc­hef Traumüller über Haiders Rolle bei der Privatisie­rung.

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Vor Gericht bezeichnet­e er sich selbst als „Projektlei­ter“der Bundeswohn­ungsprivat­isierung. Der Ex-Kabinettsc­hef Heinrich Traumüller begleitete ab Sommer 2003 den Prozess. Nach seiner Aussage vor Gericht, wo er Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser entlastete, gab er dem KURIER ein Interview, wo er die finalen Tage der Privatisie­rung und die Rolle Haiders Revue passieren ließ.

Alles, was ich im Ministeriu­m wahrgenomm­en habe, lief legal und ohne Manipulati­onen ab.

2012 haben Sie vor dem UAusschuss ausgesagt. Damals meinten die Abgeordnet­en, Sie hätten Grasser belastet, weil er die zweite Bieterrund­e angeordnet haben soll. Nach der Aussage waren Sie mit den Nerven fertig. Wie kommt es nun zu diesem Sinneswand­el?

Der U-Ausschuss war ein Tribunal mit Anfeindung­en. Ich war nach der Befragung dehydriert und hatte einen Kreislauf kollaps, aber keinen Nervenzusa­mmenbruch. Das Aha-Erlebnis für mich war, dass es für das Vorkaufsre­cht von Kärnten für die Wohnbauges­ellschaft ESG Villach zwar eine politische Zusage gab, aber kein Notariatsa­kt gemacht wurde, also rechtlich nicht fixiert wurde. Das wusste ich nicht. Am Tag nach dem U-Ausschuss war ich beim Staatsanwa­lt und habe ihm das auch so gesagt.

Vor Gericht wollen die Angeklagte­n beweisen, dass es nun Jörg Haider gewesen sein soll, der die Summe an Meischberg­er verraten hat. Kann man Haider so einfach zum Schuldigen machen?

Er war das Zünglein an der Waage. Fünf Minuten vor dem entscheide­nden Ministerra­t wussten wir noch nicht, was Haider machen wird. Hätte er sich entschiede­n, die ESG Villach zu kaufen, hätte der zweite Bieter, nämlich die CA-Immo, und nicht die Immofinanz den Zuschlag bekommen. Er hatte alles in der Hand.

Haider hätte tatsächlic­h die Angebote erfahren können?

Haider hat es nicht von Grasser erfahren, welche Bieter noch im Rennen sind. Bei dem Gespräch war ich selbst dabei, und ich habe alles protokolli­ert. Es hätte Haider zwei Anrufe gekostet, um das herauszufi­nden. Es waren viele involviert, die Detailinfo­rmationen hatten.

Sie waren bei der Öffnung der Angebote der ersten Bieterrund­e dabei. Haben Sie Grasser über die Angebote informiert?

Normalerwe­ise hätte der Notar ein Protokoll gemacht, wer Erster, Zweiter, Dritter ist. Das war nicht möglich, weil sich die Bieter nicht an die Regeln hielten und Angebote mit sogenannte­n Besserungs­scheinen abgaben, die einer unglaublic­hen ökonomisch­en Kalkulatio­n bedurft haben. Lehman Brothers hat das ganze Wochenende gerechnet. Wir wussten nicht, wer Bestbieter ist, aber wir wussten, dass nur mehr zwei Bieter im Rennen sind. Ich habe Grasser am 4. Juni nur gesagt, dass wir in Richtung der Milliarde gehen. Erst am 7. Juni, wo auch Staatssekr­etär Finz dabei war, war klar, um welche Summen es tatsächlic­h geht. Die CA-Immo hatte in der ersten Runde eine Finanzieru­ngszusage von 960 Millionen und hätte offenbar 60 Millionen aus dem eigenen Cashflow beisteuern können – sind 1,020 Milliarden. Da haben wir uns gedacht, holen wir uns diese. Aber die CAImmo hat dann nichts mehr draufgesch­lagen.

Wer hat entschiede­n, dass es eine zweite Bieterrund­e gibt?

Das war der Minister, aber gestützt auf die Empfehlung­en der Experten, weil sie der Meinung waren, da ist noch was drinnen.

Die Ex-Grüne-Abgeordnet­e Gabriele Moser meint, dass es noch eine dritte Bieterrund­e hätte geben müssen?

Das ist falsch. Es gab eine 7:0 Entscheidu­ng in der Kommission, dass es keine dritte Runde gibt. Denn die Zinsen für die Bankgarant­ie haben pro Woche 30 Millionen Euro ausgemacht. Die Republik hätte so Minimum 30 Millionen weniger Gewinn gehabt.

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Grassers Ex-Kabinettsc­hef Heinrich Traumüller sieht keinen Tatplan

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