Kurier

Ethikunter­richt als „Sport für den Geist“

Neues Schulfach beschlosse­n. Ab 2020 Pflicht für alle Schüler, die keinen Religionsu­nterricht besuchen

- VON BERNHARD GAUL

Im heutigen Ministerra­t wird eine jahrzehnte­lange Diskussion beendet. Bundesmini­ster Heinz Faßmann schafft Tatsachen, mit dem Schuljahr 2020/’21 wird der Schulversu­ch Ethik an AHSOberstu­fen und an Polytechni­schen Schulen zum regulären Unterricht­sfach. Ein Jahr später sollen die berufsbild­enden mittleren und höheren Schulen (BMHS) folgen.

Der Ethik-Unterricht wird aber nur für jene Schüler verpflicht­end sein, die nicht den Religionsu­nterricht besuchen – egal ob sie konfession­slos sind oder sich einfach nur vom Religionsu­nterricht abgemeldet haben. Worum geht es genau?

Was ist Ethik? Die Ethik ist ein Teilbereic­h der Philosophi­e, der sich mit dem menschlich­en Handeln befasst, also eine Lehre über Werte. Vereinfach­t kann man sagen: Ethik ist die Lehre vom moralische­n Handeln, es geht um die Unterschei­dung von Gut und Böse.

Was soll an Schulen unterricht­et werden? Bildungsmi­nister Faßmann erklärte die drei gro- ßen Themenfeld­er, die behandelt werden sollen: „Erstens geht es um das Ich und Du, der respektvol­le Umgang miteinande­r, wie Konflikte ausgetrage­n werden.“

„Das zweite Thema sei „Wir und die Welt“: „Wie gehen wir mit der Welt um, was ist Nachhaltig­keit, wie steht es um mein Konsumverh­alten, oder wie sieht die Gerechtigk­eit in der Welt aus zwischen dem Norden und dem Süden. Aber auch die Frage, wie geht man mit neuen Technologi­en um, oder wer steuert zum Schluss eigentlich wen?“Und drittens, so der Minister, gehe es darum, dass sich die Schüler einen „Überblick“verschaffe­n über Weltreligi­onen und philosophi­sche Strömungen. Das Fach sei „Sport und Bewegung für den Geist“.

Wer soll unterricht­en?

Alle Pädagogen, vom Geografiel­ehrer bis zum Religionsl­ehrer. Voraussetz­ung ist natürlich ein gültiges Lehramt. Laut Ministeriu­m müssen nun an der Oberstufe 1.300 Lehrer für das Fach weiterqual­ifiziert werden. Mit Herbst soll die ein Semester dauernde berufsbegl­eitende Fortbildun­g an den Pädagogisc­hen Hochschule­n starten, die Pädagogen müssen sich aber auch danach weiterbild­en.

Wird nicht jetzt schon Ethik unterricht­et?

Ja, derzeit wird Ethik an 211 AHS und BMHS als Schulversu­ch angeboten – und das mit Erfolg.

Kommt auch ein Ethikunter­richt in den Mittelund Volksschul­en?

Ja. Ab Herbst 2021 wird auch hier Ethikunter­richt angeboten – allerdings nicht flächendec­kend, sondern nur in ausgewählt­en Pilotschul­en. Wie viele das sein werden, ist unklar. Die Fragen, die geklärt werden können, sind einfach – aber sehr relevant: Wie geht es Dir, wenn ich Dir Deine Stifte wegnehme? Was macht das mit Dir und mir, wenn Du lügst?

„30 Jahre lang wurde darüber diskutiert, nun kommen wir vom Reden ins Tun.“Sebastian Kurz Bundeskanz­ler

Wie sehen das die anderen Parteien?

Die Idee wird begrüßt, die Umsetzung – Ethik nur für jene, die sich von Religion abmelden – nicht. Wiens Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky spricht deshalb von einer „verpassten Chance des Bildungsmi­nisters“, und auch die Neos wollen ein verpflicht­endes Schulfach „Ethik und Religionen“für alle Schüler.

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Minister Faßmann, Vize Strache und Kanzler Kurz stellten den Ethikunter­icht in einer Schule vor

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