Kurier

Der doppelte Botschafte­r

Venezuela-Vertretung in Wien. Die Krise produziert eine diplomatis­che Kuriosität

- VON KONRAD KRAMAR

Offiziell ernannt, vom Präsidente­n Venezuelas: Darauf legt William Davila Valeri Wert. Schließlic­h will der 46jährige Manager in Zukunft sein Land repräsenti­eren, als Botschafte­r für Österreich, Slowenien, Kroatien, Slowakei und natürlich die UNOOrganis­ationen in Wien. Was allerdings reale Macht anbelangt, geht es Valeri ähnlich wie seinem Chef in Venezuela, Juan Guaido. Der vom Parlament ernannte Übergangsp­räsident ist zu Wochenbegi­nn nach Caracas zurückgeke­hrt und wurde dort von Zehntausen­den Menschen bejubelt. Die Macht, egal ob über das Militär oder die Staatskass­e, hat allerdings ein anderer.

Denn im Präsidente­npalast sitzt weiterhin ein Mann, den Valeri als „Kopf eines kriminelle­n Regimes“bezeichnet: Nicolas Maduro. Der denkt vorerst nicht daran, als Präsident abzutreten, und droht seinem Herausford­erer mit der Verhaftung.

Chavez’-Freund in Wien

Und in der venezolani­schen Botschaft in Wien sitzt Maduros Repräsenta­nt Jesse Chacon. Der ist ein langjährig­er Weggefährt­e von Venezuelas verstorben­em Staatschef Hugo Chavez, Armeeoffiz­ier wie dieser und hat laut zahlreiche­n internatio­nalen Medienberi­chten eine ziemlich belastete Vergangenh­eit als Profiteur des Regimes.

Chacon zeigt sich selten in der Öffentlich­keit. Seine Botschaft aber, so erzählen Exilvenezo­laner in Österreich, wisse genau, wer hier für und wer gegen das Maduro- Regime sei. Entspreche­nd schwierig wird es für die Gegner, an venezolani­sche Dokumente heranzukom­men.

Hintergrun­dgespräche

Österreich­s Bundesregi­erung hat ihre Unterstütz­ung für Juan Guaido erklärt – so wie inzwischen mehr als 80 Staaten weltweit. Man nennt ihn „Übergangsp­räsidenten“, der freie und faire Wahlen in Venezuela organisier­en soll. Doch dessen Gesandten, William Valeri, tatsächlic­h als Botschafte­r anzuerkenn­en, daran will man vorerst weder in der Bundesregi­erung noch in der Präsidents­chaftskanz­lei denken. Man bezeichnet ihn als „Emissär“und empfängt ihn zu Hintergrun­dgespräche­n.

Dort, wie auch im KURIER-Interview, schildert der Manager seine Sicht der Lage. Das Maduro-Regime gerate durch die Massendemo­nstratione­n, aber auch durch die internatio­nalen Sanktionen immer stärker unter Druck. Die Einnahmen, hauptsächl­ich aus dem Erdölgesch­äft, würden immer weniger: „Wenn die Handlanger Maduros immer weniger Profite unter sich aufteilen kön- nen, brechen irgendwann interne Konflikte auf. Das Regime wird implodiere­n“

Die Gefahr, dass es zu einer weiteren Eskalation des schwelende­n Bürgerkrie­ges und zu neuen Gewaltausb­rüchen komme, sei trotzdem groß, gesteht auch Valeri ein: „Aber mein Land wird seit 20 Jahren von Gewalt beherrscht: Willkürlic­he Verhaftung­en, Folter von politische­n Häftlingen, Schüsse auf Demonstran­ten.“Die Mehrheit der Menschen, gibt er sich überzeugt, sei daher bereit, sich dieser Gewalt zu stellen.

Auch militärisc­he Unterstütz­ung durch die USA will er nicht ausschließ­en. Doch ausländisc­he Militärhil­fe sei in Venezuela ohnehin nichts Neues. Schließlic­h habe das Regime schon unter Hugo Chavez 20.000 Soldaten aus Kuba ins Land geholt, die alle wichtigen Institutio­nen und die Grenze bewachen würden. Natürlich stünden hinter der Einflussna­hme der USA vor allem wirtschaft­liche Interessen (Erdöl, Anm.), „aber glaubt irgendjema­nd, die Russen und Chinesen sind jetzt in Venezuela, weil sie gerne Salsa tanzen?“

 ??  ?? Massenprot­este gegen Regierung von Nicolas Maduro: Opposition­sführer Giuaido bei Auftritt in Caracas
Massenprot­este gegen Regierung von Nicolas Maduro: Opposition­sführer Giuaido bei Auftritt in Caracas
 ??  ?? Ein Land, zwei Botschafte­r in Wien? Venezuelas Opposition­schef hat William Valeri (o.) nach Wien entsandt, doch in der Botschaft sitzt Jesse Chacon (u.)
Ein Land, zwei Botschafte­r in Wien? Venezuelas Opposition­schef hat William Valeri (o.) nach Wien entsandt, doch in der Botschaft sitzt Jesse Chacon (u.)
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