Trudeaus Gaddafi-Intervention
Korruptionsaffäre in Kanada. Premier wollte kein Aufhebens machen, zwei Ministerinnen gehen
Der kanadische Strahlepremier Justin Trudeau, der mit seiner Frau und den drei Kindern wie ein Filmstar durch die Weltpolitik jettet, ist schwer angeschlagen, wenn nicht rücktrittsreif.
Eine Korruptionsaffäre um den Ingenieurs- und Baukonzern SNC-Lavalin stürzt den liberalen Politiker ein halbes Jahr vor den Wahlen in seine bisher schwerste Krise. Offenbar wollte der Premier die Affäre, bei der es um hohe Schmiergeldsummen an die Familie Gaddafi und deren Vertraute ging, außergerichtlich bereinigen lassen. Zwei Ministerinnen haben deshalb ihren Rücktritt eingereicht.
Trudeau wird vorgeworfen, Druck auf die kanadische Justizministerin Jody Wilson-Raybould ausgeübt zu haben, damit der Fall nicht vor Gericht kommt. Weil Wil- son-Raybould sich weigerte, Einf luss auf die Ermittlungen zu nehmen, wurde sie im Jänner an die Spitze des Veteranenministeriums versetzt – und trat schließlich im Februar zurück. Wenige Tage später trat auch Trudeaus langjähriger Freund und Berater Gerry Butts zurück.
Am Montag trat dann die allseits geschätzte Haushaltsministerin Jane Philpott (58) zurück. Die Begründung der liberalen Politikerin: Sie habe das Vertrauen in die Führung des Landes verloren. „Auf dem Spiel stehen die Unabhängigkeit und Integrität unseres Justizsystems“, schrieb Philpott auf Twitter.
Dispute sind erlaubt
Der Premier versucht, die Sache zu überspielen: „In einer Demokratie wie der unsrigen sind Meinungsverschiedenheiten und Dispute erlaubt und erwünscht.“Die Bedenken der abgetretenen Minis- terinnen über die SNC-Lavalin-Affäre nehme er ernst.
Der kanadische Baukonzern soll während der Herrschaft des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi Vertreter des nordafrikanischen Staates mit Schmiergeld in Höhe von 31 Millionen Euro bestochen haben, um sich Aufträge zu sichern.
Trudeau wollte die Sache mit einer Verschärfung von Compliance-Regeln ruhen lassen. Denn im Falle einer Verurteilung hätte der Konzern zehn Jahre bei keinen öffentlichen Aufträgen in den Bereichen Bergbau, Transport und Infrastruktur mitbieten dürfen. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 50.000 Mitarbeiter, viele Jobs in Kanada wären gefährdet gewesen.
Wer Trudeau kennt, weiß, dass er nicht aufgeben wird. Frau und Kinder stehen bereit, um das Image des Mannes aufzupolieren.