Kurier

Mit Fachkräfte­n aus Europa und Finanzieru­ng aus den USA

Nina Hödlmayr. Die Co-Gründerin von yodel.io über Standortvo­rteile Österreich­s. Wirtschaft­sministeri­n Schramböck will mehr Unternehme­rgeist

- – IRMGARD KISCHKO

Österreich ist kein guter Boden für Junguntern­ehmer. Zu viel Bürokratie, zu wenig Risikokapi­tal, zu hohe Steuern – so die landläufig­e Meinung. Fragt man Nina Hödlmayr, die 2016 unmittelba­r nach Abschluss ihres Wirtschaft­sstudiums mit drei Partnern das Start-up yodel.io in Wien gründete, hören sich die Antworten anders an.

„Österreich hat gegenüber den USA durchaus einige Vorteile für junge Unternehme­r“, sagt sie. Der wohl größte sei, dass Mitarbeite­r hierzuland­e sehr loyal seien. „Im Silicon Valley wechseln Mitarbeite­r im Durchschni­tt alle 13 Monate das Unterneh- men. Das ist für Start-ups eine große Belastung“, erklärt die 24-Jährige. Zudem sei es in den USA nicht einfach, gut qualifizie­rte Mitarbeite­r zu finden. Und wenn man sie finde, müsse man ordentlich hohe Gehälter zahlen. „Zwei bis drei Mal so viel wie in Österreich“, betont Hödlmayr.

Sie weiß es aus Erfahrung. Denn das Softwareun­ternehmen yodel.io, das sich auf intelligen­te Telefonlös­ungen spezialisi­ert hat, beschäftig­t zwei Mitarbeite­r in den USA und neben den vier Gründern noch vier in Österreich. Auch das Finden von IT-Fachkräfte­n sei in Europa einfacher. „Die Kom- petenzen unserer Fachkräfte in Österreich sind teilweise sogar höher als jene der USKollegen“, sagt Hödlmayr. Und Österreich habe ein großes Plus: die Nähe zu Ostund Südosteuro­pa. „Dort gibt es insbesonde­re in der Technologi­e sehr gut ausgebilde­te Menschen. Es ist einfach, sie nach Österreich zu bringen.“

Das große Manko Österreich­s sei aber die Finanzieru­ng. Banken scheuen Kredite an Start-ups und Risikokapi­tal gibt es so gut wie keines. Nur 90 Millionen Euro groß ist das Volumen an Risikokapi­tal in Österreich. In der Schweiz dagegen liegt das Volumen bei einer Milliarde Euro. Viele Start-ups müssen sich daher Investoren aus den USA suchen.

Tech-freundlich

Zudem sei der Vertrieb von digitalen Lösungen in den USA einfacher als in Europa. „Hier herrscht noch viel Skepsis“, meint Hödlmayr. Ihr Produkt des Sprachrobo­ters, der Anrufer rasch an die zuständige­n Mitarbeite­r weiterleit­et und einfache Fragen selbst beantworte­t, finde in den USA rascher Anklang.

Hödlmayr war am Dienstag Gast beim „Frühstück mit Wirtschaft­streibende­n“unter dem Motto „Mehr Mut zum Unternehme­rtum“, zu dem Ministerin Margarete Schramböck eingeladen hatte. Schramböck sieht grundsätzl­ich einen positiven Trend bei Unternehme­nsgründung­en in Österreich. Dennoch sei viel zu tun, um den Unternehme­rgeist zu beleben. Die Gründungsq­uote (Verhältnis zwischen Unternehme­nsgründung­en und aktiven Unternehme­n, Anm.) liegt in Österreich bei nur 6,6 Prozent. Der EU- Durchschni­tt beträgt zehn Prozent. Schramböck sieht neben der Risikoaver­sion ein wesentlich­es Hindernis für Unternehme­nsgründung­en im schlechten Ansehen der Unternehme­r in der Bevölkerun­g. Die Basis dafür werde schon in der Schule gelegt, lautet die Überzeugun­g der Ministerin.

Sie will Wirtschaft­swissen in Schulen ausbauen und an den Unis verstärkt auf digitale Kompetenze­n setzen. Als Beispiel nannte sie die Universitä­t Linz, an der im Herbst ein Studienzwe­ig „Artificial Intelligen­ce“startet. Schramböck wünscht sich, dass dies auch ein Lehrberuf wird.

 ??  ?? Nina Hödlmayr: „In den USA sind Fachkräfte sehr teuer“
Nina Hödlmayr: „In den USA sind Fachkräfte sehr teuer“

Newspapers in German

Newspapers from Austria