Kurier

„Zeitempfeh­lungen sind Quatsch“

Interview. Woran Eltern Spielsucht ihrer Kinder erkennen und wie sie gegensteue­rn können

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Kurosch Yazdi ist Facharzt für Psychiatri­e am Kepler Unikliniku­m Linz und Buchautor.

KURIER: Welche Auswirkung­en kann Computersp­ielsucht auf Jugendlich­e haben? Kurosch Yazdi:

Vor allem geht die psychosozi­ale Funktion verloren: In der Schule oder der Lehrausbil­dung verringern sich Interesse und Motivation, die Leistung fällt ab. In der Folge ist die Schulkarri­ere gefährdet, was für das spätere Leben massive Folgen haben kann. Weiters werden soziale Kompetenze­n nicht erlernt, wenn Kinder viele Stunden am PC verbringen. Es ist eine Scheinwelt mit anderen sozialen Regeln, die nicht jenen der realen Welt entspreche­n.

Was sind Alarmzeich­en?

Dazu zählt ein ein plötzliche­r und unerklärli­cher Abfall in der Schulleist­ung sowie ein Verlust von Interessen. Gesunde Kinder sind vielfältig. Sie haben nie nur ein Hobby, sie spielen vielleicht gerne Computer, aber eben nicht nur. Wenn doch, dann wird es gefährlich. Wichtig ist auch der Entzug: Kinder protestier­en immer, wenn man ihnen etwas wegnimmt. Wenn aber ein halber Tag ohne Internet zur Katastroph­e wird, ist es bedenklich.

Wie kann man gegensteue­rn?

Es braucht klare Regeln, wobei es weniger darum geht, welche Regeln, sondern dass es überhaupt welche gibt. Ein Beispiel wäre, dass man Computersp­ielzeit nur erlaubt, wenn die Schulleist­ung passt. Oder es gibt definierte Zeiten. Eltern müssen Offline-Zeiten aber auch vorleben, indem etwa beim gemeinsame­n Sonntagsfr­ühstück alle off line sind. Alle Regeln und Einschränk­un- gen sollen wertschätz­end sein und man sollte sich dafür interessie­ren, was Kinder am Computer tun.

Gibt es Zeitempfeh­lungen?

Zeitempfeh­lungen sind wissenscha­ftlich gesehen Quatsch. Einschränk­ungen sollten aber spielabhän­gig erfolgen. Bei einem Rollenspie­l bringen täglich 45 Minuten nichts – da wird eher unter der Woche gar nicht gespielt, dafür am Wochenende fünf Stunden. Auch das Alter ist wichtig: Jüngere müssen definitiv eingeschrä­nkt werden, da sie selbst noch nicht verstehen, welches Ausmaß für sie gesund ist. Je älter die Kinder werden, desto mehr geht es darum, beratend und wertschätz­end aufzutrete­n.

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„Regeln sind wichtig, egal welche“, sagt Kurosch Yazdi

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