Zweiter HIV-Patient der Welt virenfrei
„Heilung“. Nach Stammzellen-Transplantation wurde seit 19 Monaten kein Virus mehr gefunden
Zum zweiten Mal weltweit ist ein HIV-Patient nach einer Stammzellen-Transplantation virenfrei. Das berichten britische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature. Dem Mann waren wegen einer Blutkrebserkrankung Stammzellen eines Knochenmark-Spenders mit einer seltenen genetischen Veränderung transplantiert worden. Diese Mutation verhindert, dass das HI-Virus in Körperzellen eindringt.
Schon einige Monate nach der Transplantation konnte er die Medikamente, die üblicherweise eine Vermehrung des HI-Virus unterdrücken, absetzen. Seit nun fast 19 Monaten konnte bei dem als „Londoner Patienten“bezeichneten Mann kein HI-Virus nachgewiesen werden. Er gilt als virenfrei. Von „Heilung“wollen die Autoren dennoch nicht sprechen, da es theoretisch möglich wäre, dass eines Tages Viren wieder nachweisbar wären.
Die bisher einzige dokumentierte „Heilung“eines HIV-Patienten ist der Fall des US-Bürgers Timothy Brown vor rund zehn Jahren. Auch bei ihm, der als „Berliner Patient“bekannt geworden ist, wurden keine Viren mehr nachgewiesen, nachdem ihm Spender-Knochenmark transplantiert worden war. Dieses wies dieselbe genetische Veränderung auf, die eine Infektion mit HIV hindert. ver-
Nur für wenige möglich
Die Stammzelltherapie kommt allerdings nur für eine sehr kleine Zahl von HIVInfizierten infrage, da es sich um einen massiven Eingriff handelt, der einige Risiken birgt. So muss etwa das Immunsystem des Patienten wie bei einer Organtransplantation komplett heruntergefahren werden.
Bei den beschriebenen Patienten war der eigentliche Anlass der Transplantation eine Krebserkrankung. Die ursprüngliche Idee, dafür genetisch mutierte Zellen auszuwählen, stammt vom deut- schen Mediziner Gero Hütter, der damals einen Knochenmarkspender für Brown suchte. Er achtete dabei auf die sehr seltene genetische Mutation, die verhindert, dass das HI-Virus in Körperzellen eindringt. Das Virus benötigt den sogenannten CCR5-Rezeptor, um an Zellen anzudocken. Bei einer bestimmten Genmutation ist ein Andocken nicht möglich. Etwa 1,5 Prozent der Nordeuropäer verfügen über diese Mutation und sind gegen die meisten HIV-Varianten immun. Auch im aktuellen Fall wurden Stammzellen mit der seltenen CCR5-Mutation transplantiert.