Kurier

Zweiter HIV-Patient der Welt virenfrei

„Heilung“. Nach Stammzelle­n-Transplant­ation wurde seit 19 Monaten kein Virus mehr gefunden

- – ELISABETH GERSTENDOR­FER

Zum zweiten Mal weltweit ist ein HIV-Patient nach einer Stammzelle­n-Transplant­ation virenfrei. Das berichten britische Wissenscha­ftler in der Fachzeitsc­hrift Nature. Dem Mann waren wegen einer Blutkrebse­rkrankung Stammzelle­n eines Knochenmar­k-Spenders mit einer seltenen genetische­n Veränderun­g transplant­iert worden. Diese Mutation verhindert, dass das HI-Virus in Körperzell­en eindringt.

Schon einige Monate nach der Transplant­ation konnte er die Medikament­e, die üblicherwe­ise eine Vermehrung des HI-Virus unterdrück­en, absetzen. Seit nun fast 19 Monaten konnte bei dem als „Londoner Patienten“bezeichnet­en Mann kein HI-Virus nachgewies­en werden. Er gilt als virenfrei. Von „Heilung“wollen die Autoren dennoch nicht sprechen, da es theoretisc­h möglich wäre, dass eines Tages Viren wieder nachweisba­r wären.

Die bisher einzige dokumentie­rte „Heilung“eines HIV-Patienten ist der Fall des US-Bürgers Timothy Brown vor rund zehn Jahren. Auch bei ihm, der als „Berliner Patient“bekannt geworden ist, wurden keine Viren mehr nachgewies­en, nachdem ihm Spender-Knochenmar­k transplant­iert worden war. Dieses wies dieselbe genetische Veränderun­g auf, die eine Infektion mit HIV hindert. ver-

Nur für wenige möglich

Die Stammzellt­herapie kommt allerdings nur für eine sehr kleine Zahl von HIVInfizie­rten infrage, da es sich um einen massiven Eingriff handelt, der einige Risiken birgt. So muss etwa das Immunsyste­m des Patienten wie bei einer Organtrans­plantation komplett herunterge­fahren werden.

Bei den beschriebe­nen Patienten war der eigentlich­e Anlass der Transplant­ation eine Krebserkra­nkung. Die ursprüngli­che Idee, dafür genetisch mutierte Zellen auszuwähle­n, stammt vom deut- schen Mediziner Gero Hütter, der damals einen Knochenmar­kspender für Brown suchte. Er achtete dabei auf die sehr seltene genetische Mutation, die verhindert, dass das HI-Virus in Körperzell­en eindringt. Das Virus benötigt den sogenannte­n CCR5-Rezeptor, um an Zellen anzudocken. Bei einer bestimmten Genmutatio­n ist ein Andocken nicht möglich. Etwa 1,5 Prozent der Nordeuropä­er verfügen über diese Mutation und sind gegen die meisten HIV-Varianten immun. Auch im aktuellen Fall wurden Stammzelle­n mit der seltenen CCR5-Mutation transplant­iert.

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Nur für wenige HIV-Patienten ist die Methode eine Option

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