Kurier

Das ungeöffnet­e Iffland-Ring-Kuvert von Bruno Ganz

- THOMAS TRENKLER

Mehr als zwei Wochen ist es her, da starb Bruno Ganz, einst der wunderbare Engel über Berlin, in seinem Haus am linken Zürichseeu­fer an Darmkrebs. Und nun fragen sich die Neugierdsn­asen, wen er für würdig erachtet hat, den Iffland-Ring zu tragen. Bekannt ist nur, dass Ganz eigentlich Gert Voss auserwählt hatte. Doch nach dessen Tod im Juli 2014 musste der Schweizer Schauspiel­er umdisponie­ren.

Viele tippen auf Joachim Meyerhoff, manche auf Robert Hunger-Bühler. Auch Jens Harzer und alte Haudegen wie Klaus Maria Brandauer werden genannt. Christian Kircher, Chef der Bundesthea­terholding, zuckt bloß mit den Achseln. Das Kuvert „Verfü- gung Bruno Ganz Iffland-Ring“sei nach wie vor ungeöffnet.

Warum gerade Kircher das Kuvert verwahrt, ist eine längere Geschichte. Albert Bassermann, 1867 geboren, bekam den Ring 1911 – und bestimmte den weit älteren Alexander Girardi zum Nachfolger. Der Grazer Volksschau­spieler starb bereits 1918. Darauf hin wählte Bassermann den um ein Jahrzehnt jüngeren Max Pallenberg. Doch dieser kam 1934 bei einem Flugzeugab­sturz nahe Karlsbad ums Leben.

Und auch Bassermann­s dritte Wahl, Alexander Moissi, konnte sich den geheimnisu­mwitterten Ring nicht anstecken: Er starb 1935 an einer Lungenentz­ündung in Wien. Bassermann weigerte sich fort- an, einen weiteren Todeskandi­daten zu nominieren.

Um ihn daran zu hindern, den Ring kurzerhand in die Donau zu werfen, schlug Joseph Gregor, Direktor der Theatersam­mlung (damals Teil der Nationalbi­bliothek), dem Schauspiel­er vor, diesen dem Bund zu schenken. So kam es auch.

Bassermann starb am 15. Mai 1952 auf dem Flug von New York nach Zürich. Er hinterließ eine Taschenuhr, die auf seinen Wunsch hin der Schauspiel­er Martin Held als Anerkennun­g seiner Kunst erhielt. Die von Flüchen unbelastet­e Uhr wurde in der Folge an Martin Benrath, Otto Düben und Ulrich Matthes weitervere­rbt.

Und der Eisenring? Die Verantwort­lichen der Bundesthea- ter unterbreit­eten den Vorschlag, ihn Werner Krauß zu überreiche­n. Der Kartellver­band deutschspr­achiger Bühnenange­höriger sprach sich im Oktober 1954 einstimmig dafür aus. Die Schweizer Kollegen allerdings opponierte­n: Der Antisemit Krauß entspräche „in Gesinnung und Haltung“nicht der Voraussetz­ung.

Krauß, von Adolf Hitler auf dem Obersalzbe­rg empfangen, hatte unter anderem im NSPropagan­dafilm „Jud Süß“sämtliche jüdischen KlischeeNe­benrollen übernommen und soll bis zuletzt keine Selbstrefl­exion erkennen lassen haben. Krauß bekam den Ring trotzdem – im November 1954.

Damals wurden sieben Punkte notiert, in denen die Weitergabe genau geregelt ist. Von Krauß ging der Ring an Josef Meinrad – und von diesem an Bruno Ganz, der im Film „Der Untergang“(2004) Hitler im Führerbunk­er verkörpert­e. Damit ist, könnte man sagen, die Krauß-Scharte ausgewetzt.

Doch nun: Worauf warten? Bis nach der Beisetzung, fordern die einen. Das zöge sich aber noch länger hin: Die Theaterfot­ografin Ruth Walz, Lebensgefä­hrtin von Ganz, gab unlängst in der FAZ bekannt, dass diese am 20. März um 15 Uhr auf dem Zürcher Friedhof Rehalp stattfinde­n werde. Angeblich will sich Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) um einen Termin davor bemühen. Die Spannung steigt.

thomas.trenkler@kurier.at

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