Apple startet Netflix-Konkurrenten
Streaming. Im Kampf um das Fernsehen der Zukunft setzt der Konzern auf eine Milliarde Kunden und viel Geld
Der TV-Markt befindet sich im totalen Umbruch. Ferngesehen wird viel, aber nicht unbedingt auf klassischen Kanälen. Neben YouTube, der Plattform Nummer eins für jugendliche Mediennutzer, haben Streaming-Angebote wie Netflix und Amazon Prime zuletzt eindrucksvoll bewiesen, dass sie preisgekrönte Serien und Filme produzieren können und Kunden dafür auch bereit sind, Monat für Monat zu bezahlen.
Plattform für TV
Auch Apple will an dem Kuchen künftig stärker mitnaschen. Am Montagabend stellte der Konzern die Streaming-Plattform Apple TV+ vor, über die Nutzer Serien und Filme gegen eine monatliche Pauschale konsumieren können. Berichten zufolge hat der iPhone-Hersteller im Vorfeld zwei Milliarden Dollar investiert, um Top-Manager aus der Fernsehbranche zu engagieren und Serien mit den Hollywood-Stars Reese Witherspoon und Jennifer Aniston zu entwickeln. Regisseur M. Night Shyamalan („The Sixth Sense“, „Glass“) ist ebenso an Bord wie Steven Spielberg und Oprah Winfrey.
Darüber hinaus will der Konzern andere TV- und Streaming-Anbieter in seine Plattform integrieren. Über Abos, bei denen Apple naturgemäß mitschneidet, kann man so bequem bezahlpflichtige Sender wie den Game-of-Thrones-Sender HBO auf seinen Apple-Geräten und am Fernseher nutzen. Netflix-Chef Reed Hastings hat bereits ausgeschlossen, dabei mitzumachen: „Apple ist eine großartige Firma. Wir wollen, dass die Leu- te unsere Angebote aber auf unserer Plattform ansehen, nicht auf der von Apple.“
Damit kopiert Apple die Amazon-Strategie. Der Onlinehändler gibt Kunden über seinen kostenpflichtige Prime-Service Zugang zu einer Reihe von existierenden Serien und Filmen, investiert aber auch kräftig in Eigenproduktionen wie die für 2020 geplante Herr-der-Ringe-Serie. Auch Bezahlsender können über Prime gebucht werden.
Service statt Hardware
Dass Apple künftig verstärkt über monatliche Gebühren Geld einnehmen will, liegt auf der Hand. Während die zuletzt publizierten Quartalsumsätze beim iPhone um 15 Prozent auf 52 Milliarden Dollar zurückgingen, stiegen die Erträge aus der ServiceSparte im Jahresvergleich um 19 Prozent auf 10,9 Milliarden Dollar. Netflix machte im selben Quartal gerade einmal 4,2 Milliarden Dollar Umsatz.
Auch der neue Apple-TVStreaming-Dienst wird in die stark wachsende Service-Kategorie eingerechnet, zu der Dienste wie der Spotify-Konkurrent Apple Music, aber auch die Bezahlfunktion Apple Pay zählen.
Eine Milliarde Kunden
Wie groß Apples Schlagkraft ist, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. Ende Dezember 2018 waren 1,4 Milliarden Apple-Geräte aktiv. Rechnet man die Nutzer weg, die mehrere Apple-Produkte ihr Eigen nennen, bleiben immer noch eine Milliarde Kunden übrig. Zum Vergleich: Netflix steht trotz enormer Investitionen in Eigenproduktionen gerade einmal bei 139 Millionen Bezahlkunden. Der Druck, immer spektakulärere Serien und Filme zu machen und so Konkurrenten wie Amazon Prime, aber auch Sender wie HBO in Schach zu halten, treibt die Kosten nach oben.
Nach der Präsentation ist klar: Apple will definitiv mit eigenen Inhalten und einem Fokus auf Qualitätsproduktionen aus Hollywood punkten. Doch wie genau, blieb am Montag offen. Auch die monatliche Gebühr wurde nicht genannt. Der Start erfolgt erst im kommenden Herbst.