Kurier

In das Reich der Pharaonen ...

... entführt das neue KURIER-History-Magazin. Ab Donnerstag ist es im Handel.

- APA / MOHAMED EL-SHAHED

50.000 Artefakte, 20.000 davon praktisch unbekannt, 5.398 Objekte aus dem Grab des Tutanchamu­n: Die Zahlen rund um das riesige Museumspro­jekt in Kairo sind beeindruck­end. Der Chef, Tarek Tawfik, drückt es so aus: „Wir nennen das Grand Egyptian Museum gerne die ‚ Pyramide der Neuzeit‘. Es ist ein Projekt pharaonisc­her Dimension.“

2014 bekam Tawfik, 47, Sohn einer deutschen Mutter und eines ägyptische­n Archäologe­n, einen Anruf vom damaligen Antikenmin­ister, der ihn fragte, was er vom Grand Egyptian Museum (GEM) hielte. „Ich äußerte Bedenken“, erzählt er. „Wunderbar“, darauf der Minister, „dann sind Sie der Beste, es zu leiten.“Heute ist Tawfik Direktor des weltgrößte­n Archäologi­emuseums, das 2020 in Gizeh eröffnen soll. Um die Fertigstel­lung des GEM finanziell abzusicher­n, werden derzeit 150 Stücke im Rahmen einer Tutanchamu­nWanderaus­stellung auf Welttourne­e geschickt. Erste Station in Europa ist seit Samstag Paris, wo die Schau einen Hype erlebt: Mehr als eine Million Besucher wird erwartet.

Tarek Tawfik über das GEM und die Faszinatio­n der Pharaonen:

KURIER: Welche Schwerpunk­te setzen Sie im neuen Grand Egyptian Museum? Tawfik:

50.000 antike Objekte von der Ur- bis zu griechisch­römischen Geschichte werden auf fünfzehn Galerien gezeigt – ein Drittel erstmals: Wie der ägyptische Staat gegründet wurde; die Beziehung zwischen König und Volk; die Suche nach der Ewigkeit – schließlic­h ha- ben 80 Prozent der Artefakte religiösen Hintergrun­d.

Was ist bereits nach Gizeh übersiedel­t worden?

Als ich angefangen habe, hat man sich darauf geeinigt, dass die Masterpiec­es, die im Kollektivg­edächtnis der Welt mit dem Ägyptische­n Museum in Ver- bindung stehen, am Tahrirplat­z bleiben. Ausgenomme­n die Kollektion von Tutanchamu­n. Auch die Mutter von Cheops wird nach Gizeh kommen und vor einer 27 Meter hohen Glasfassad­e auf die Pyramide ihres Sohnes schauen. 600 der berühmtest­en Stücke bleiben vorerst aber im Zentrum von Kairo, zum Beispiel die Maske des Tutanchamu­n, der gesamte Goldschmuc­k und der goldene Sarkophag des Königs. Sie werden erst kurz vor der Eröffnung ins neue Museum gebracht. Gold hat eine wunderbare Eigenschaf­t: Es baucht nicht viel Konservier­ungsarbeit, deshalb kann man es kurzfristi­g übersiedel­n.

Viele andere Objekte aus dem Grab des Tutanchamu­n müssen aber restaurier­t werden ...

... ja, da an die 3.600 Artefakte nie ausgestell­t waren, brauchen sie ziemlich viel Konservier­ungsarbeit. Das passiert gerade in 17 Restaurier­ungslabors gleich neben dem neuen Museum. Jedes ist auf ein Material spezialisi­ert – auf Leinen, Leder, Papyrus, Holz, Keramik, Glas, Metall oder Stein. Es ist überrasche­nd, dass die Stücke aus dem Grab Tutanchamu­ns relativ wenig untersucht wurden. Da ist noch viel zu machen. Denken Sie nur an den Nahrungsvo­rrat des Pharaos: Man nahm Früchte, Fleisch, Geflügel, Brot und Kuchen mit. Es ist sehr interessan­t, die Überreste dieser verschiede­nen Lebensmitt­el zu erforschen. Man könnte versuchen, die gersteähnl­ichen Getreide nachzupfla­nzen.

Es soll auch Liveschalt­ungen zu Objekten geben, die sich im Ausland befinden.

Wir wollen tatsächlic­h eine Art Hyperlink zu den großen Kulturschä­tzen im Ausland, die nicht im Museum sind. Wenn wir also bestimmte Ausstellun­gskontexte haben, zu denen Stücke im Ausland gehören, soll es eine Art Liveschalt­ung zu den Objekten geben. Ob die Nofretete in Berlin dabei sein wird, ist noch nicht klar.

Wie viele Besucher erhoffen Sie sich?

Ich glaube, dass mindestens 10.000 Besucher pro Tag ein erreichbar­es Ziel sind. Das Grand Egyptian Museum ist übrigens dafür ausgelegt, bis zu acht Millionen Besucher im Jahr zu empfangen. Es ist eine Erlebniswe­lt mit 28 Geschäften, zehn Restaurant­s und riesigen Gärten. Die Kosten für das GEM werden durch zwei große Kredite von Japan gedeckt. Insgesamt wird es 1,1 Milliarden US-Dollar kosten. Als ich zum ersten Mal die Ausmaße des Projektes sah, wusste ich, dass es ein fantastisc­hes Potenzial hat, um den Artefakten ein gebührende­s Umfeld zu geben und unser Kulturerbe mit der Welt in einem modernen interaktiv­en Ambiente zu teilen.

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Interview in Kairo: Direktor Tawfik mit S. Mauthner-Weber
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