Kurier

Westbahn fährt auf China ab

In Europas Bahnbranch­e ist wegen dieser Konkurrenz Feuer am Dach. Österreich­s größte Privatbahn hat ein Auge auf Züge aus China geworfen.

- VON K.MÖCHEL, D. SCHREIBER UND TH. PRESSBERGE­R

Beim österreich­ischen Privatbahn­betreiber Westbahn jagte am Montag eine Sitzung die andere. In der Früh war durch einen KURIER-Bericht bekannt geworden, dass sich die ÖBB um den Ankauf des gesamten Fuhrparks (17 Doppelstoc­k-Triebwagen) der Westbahn bemühen. Das belegt eine genau darauf zugeschnit­tene europaweit­e Ausschreib­ung der ÖBB Personenve­rkehr AG.

Die ÖBB bestätigte­n den geplanten Deal im Gespräch mit dem KURIER.

„Wenn es auf dem Markt die Möglichkei­t gibt, neues Zugmateria­l zu bekommen, dann sehen wir uns das an“, sagte ÖBB-Sprecher Robert Lechner zum KURIER. „Damit können wir ältere Garnituren wie die auslaufend­en 4020er möglicherw­eise früher austausche­n. Das wäre gerade in der Ostregion für unsere Kunden ein großer Vorteil.“Die Züge der Westbahn stammen aus der Werkstatt des Schweizer Hersteller­s Stadler. Sie haben laut Westbahn-Bilanz einen Buchwert in Höhe von 232 Millionen Euro.

Dazu muss man wissen, dass diese Züge fremdfinan­ziert sind und die Westbahn (2017) bei Banken mit 205 Millionen Euro in der Kreide steht. Allein die Zinszahlun­gen betrugen 2017 rund 4,3 Millionen Euro. Aber was macht die Westbahn ohne ihre Triebwagen­garnituren? Sie kauft entweder neue Garnituren oder holt sich vielleicht sogar einen Partner mit einem entspreche­nden Schienenfu­hrpark an Bord.

Kryptische Aussage

Offiziell teilt die Privatbahn in einer Aussendung nur kryptisch mit: „Die Westbahn plant, mit dem am schnellste­n lieferfähi­gen Qualitätsl­ieferanten auf dem Weltmarkt ein noch weiter verbessert­es Zugkonzept für Doppelstoc­kzüge mit 200 km/h rasch umzusetzen und gleichzeit­ig damit dem Bahnverkeh­r die schnelle Bereitstel­lung von jungen Gebrauchtz­ügen zu ermögliche­n.“

Heimische Bahnexpert­en gehen davon aus, dass mit dem angesproch­enen Qualitätsl­ieferanten der chinesisch­e Eisenbahn-Weltmarktf­ührer CRRC (187.000 Mitarbeite­r, 37,8 Milliarden Dollar Umsatz) gemeint ist; oder ein großer Player der westlichen Hemisphäre, der bereits in China und Indien Züge produziere­n lässt.

Dem Vernehmen nach will die Westbahn 15 neue Doppelstoc­k-Züge ordern. Bei einem Deal mit dem chinesisch­en Staatskonz­ern CRRC könnte nicht nur der niedrige Kaufpreis, sondern die angebotene Finanzieru­ng von großem Vorteil sein. Im November 2018 präsentier­te CRRC seine hochmodern­en Doppelstoc­k-Schnellzüg­e auf einer Messe in Changsha.

Übrigens: Als Türöffner für die Chinesen wird dabei der kanadische Bahnkonzer­n Bombardier genannt. So unterhält Bombardier sieben Tochterunt­ernehmen und sechs Joint Ventures in China.

Zum Beispiel betreibt die Bombardier Sifang Transporta­tion (BST) in der ostchine- sischen Provinz Quingdao ein Werk für Personen- und Hochgeschw­indigkeits­züge. Der 50:50-Partner ist dort die CRRC Sifang Co Ltd, eine Tochter der CRRC Group. Die China Railway Corp bestellte zehn Schnellzüg­e um 410 Millionen Euro.

Bombardier dementiert

Indes dementiert die Wiener Bombardier Transporta­tion, der von der Westbahn genannte Lieferant zu sein.

„Bombardier ist es nicht, wir haben zwar Partner und Joint Ventures in China, aber wir bedienen nur den chinesisch­en Markt damit“, sagt Bombardier-Transporta­tionAustri­a-Chef Christian Diewald. „Mit CRRC beliefern wir nicht den europäisch­en Markt und haben es auch nicht vor.“Insider sagen, es ist kein Zufall, dass CRRC 2016 ihre Europa-Zentrale CRRC ZELC Verkehrste­chnik GmbH in Wien aufgemacht hat. „Die Chinesen sind sehr aktiv am Markt und versuchen bei allen möglichen Ausschreib­ungen zum Zug zu kommen“, sagt der Wiener Schienenve­rkehrs-Berater Robert Söllner zum KURIER. „Vor allem in Deutschlan­d sind bei Ausschreib­ungen auftreten.“

Hier schließt sich der Kreis. Ein weitere Insider sagte nämlich zum KURIER: „Mit einem Partner wie der Westbahn dürfte eine Zulassung neuer Züge für die CRRC in Europa leichter zu bekommen sein.“Damit würde Österreich den Chinesen als Art Einfallsto­r für den europäisch­en Markt dienen. Den Chinesen gehe es weniger um Österreich, als um den deutschen Markt, der Auf holbedarf bei der Bahninfras­truktur hat.

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 ??  ?? CRRC eröffnete im Herbst 2016 Europazent­rale in Wien, WKÖ-Vize Christoph Matznetter (2. v. li), Ex-Minister Andrä Rupprechte­r (M.)
CRRC eröffnete im Herbst 2016 Europazent­rale in Wien, WKÖ-Vize Christoph Matznetter (2. v. li), Ex-Minister Andrä Rupprechte­r (M.)
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Die Westbahn gehört zu 49,9 Prozent der Familien-Privatstif­tung Haselstein­er, ein Drittel hält eine Holding von Erhard Grossnigg, den Rest die französisc­he Staatsbahn SNCF

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