Das wertvollste Stück ist außerirdisch
Mysteriös. Warum Tut einen Eisendolch besaß, obwohl man damals kein Eisen herstellen konnte
Vor einiger Zeit hat sich Christian Köberl auf den Weg nach Mainz gemacht. Mit im Gepäck hatte der Meteoritenforscher und Direktor des Naturhistorischen Museums Wien einige der Eisenmeteorite aus der Sammlung seines Hauses. Sein Ziel: ForscherKollegen vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM). Seine Mission: Deren Röntgenfluoreszenzgerät auf Meteorit eichen. Denn: Tutanchamun besaß einen Dolch aus Eisen. Und das, obwohl die Menschen damals die Kunst der Eisengewinnung noch gar nicht beherrschten. Darum hatte bereits Howard Carter nach der Entdeckung des mysteriösesten Stücks im Grab des Tutanchamun vermutet, der Dolch könnte außerirdischen Ursprungs sein. Nein, kein Alien-Mitbringsel, sondern vielmehr ein Objekt aus Meteoriteneisen.
Über Jahre hatte Geochemiker Köberl versucht, Kontakt zu Ägyptologen zu knüpfen und an Stücke heranzukommen, die im Verdacht standen, außerirdischen Ursprungs zu sein. „Mich hat diese Geschichte schon lange interessiert“, gesteht er im Interview. Man weiß aber, dass Probennehmen beim Schatz des Tutanchamun praktisch unmöglich ist und diese Objekte kaum aus Ägypten hinausgebracht werden dürfen.
Schließlich erhielt Christian Köberl den Hinweis, dass die deutschen Kollegen vom RGZM in Kairo an den Grabbeigaben Tutanchamuns arbeiten. Köberl: „Es stellte sich heraus, dass sie bereits einige Analysen gemacht haben“. Ihre Analysestandards waren allerdings nicht auf dem letzten Stand, die Ergebnisse nicht reproduzierbar. Da konnte Köberl helfen. Mithilfe seiner Meteoriten kalibrierte er das Röntgenfluoreszenz-Analysegerät neu, die deutschen Kollegen rückten Richtung Kairo aus. Dort, im Ägyptischen Museum, beschossen sie den mysteriösen Dolch, den es eigentlich gar nicht geben dürfte, mit Röntgenstrahlen aus dem Tracer IVB-SD – „schaut aus wie eine Radarpistole“(Köberl) – und ermittelten so die Anteile von Elementen wie Eisen, Kobalt und Nickel.
Heute sagt Köberl: „Ich bin zu 99 Prozent sicher, das es sich um einen Eisenmeteoriten handelt.“
Die Ergebnisse der Studie hat das Team jetzt in einem populärwissenschaftlichen Buch mit dem Titel „Himmlisch! Die Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun“zusammengefasst (Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, 22 €).