Als Beethoven verhaftet wurde
Das Musikgenie wurde vor knapp 200 Jahren für einen Landstreicher gehalten und festgenommen.
Entdeckung. Der Komponist wurde in Wiener Neustadt für einen Landstreicher gehalten. Jetzt ehrt die Stadt das Musikgenie.
Nein, er hat natürlich nichts angestellt, seine Verhaftung war ein Justizirrtum. Aber es stimmt: Ludwig van Beethoven wurde irgendwann in den Jahren 1821 oder 1822 – das genaue Datum lässt sich nicht mehr eruieren – in Wiener Neustadt festgenommen.
Beethoven, der die Natur über alles liebte und die Sommermonate gerne in Baden bei Wien verbrachte, unternahm oft ausgedehnte Spaziergänge, in denen er meist gedankenverloren vor sich hinkomponierte. So auch an jenem Sommertag, an dem er die rund 24 Kilometer lange Strecke, den Wiener Neustädter Kanal entlang, von der Kurstadt nach Wiener Neustadt wanderte. In aller Früh losgezogen, kam der damals bereits vollkommen taube Komponist übermüdet gegen Abend am Wiener Neustädter Ungartor an, wo er das Misstrauen mehrerer Bauern und Winzer weckte, die den 52jährigen „Vagabunden“zur Polizeiwache brachten.
Beethoven ohne Hut
Dem diensthabenden Polizisten fiel auf, dass der Fremde einen schäbigen alten Rock trug und keinen Hut auf hatte (was damals suspekt war). Während der Polizeikommissar den „Verdächtigen“in den Kerker steckte, erklärte der heruntergekommen wirkende Mann verzweifelt, dass er Beethoven sei. Doch das beeindruckte das Auge des Gesetzes kaum, der Polizist wollte nicht glauben, dass hinter der seltsamen Erscheinung das größte Musikgenie seiner Zeit steckte.
Erst als der vermeintliche Landstreicher nach einem Bekannten – dem Wiener Neustädter Musikdirektor Anton Herzog – verlangte, konnte die Angelegenheit geklärt werden. Herzog wurde herbeigerufen, erkannte Beethoven sofort und bat um dessen augenblickliche Freilassung, die dann – es war bereits Mitternacht geworden – auch erfolgte.
Per Kutsche nach Baden
Beethoven war dankbar, die folgende Nacht im Gästezimmer des Hauses von Musikdirektor Herzog verbringen zu können. Amnächsten Morgen kam der Bürgermeister von Wiener Neustadt, um sich persönlich bei Beethoven zu entschuldigen. Danach ließ er das Musikgenie mit einer Kutsche nach Baden führen.
Roll over Beethoven
Fast zwei Jahrhunderte hat man sich in Wiener Neustadt über diese eher peinliche Episode in Schweigen gehüllt, jetzt beginnt man stolz darauf zu sein, dass Beethoven überhaupt da war. Eine Beethovengasse gibt es bereits, heuer gedenkt man der seltsamen Verhaftung des weltberühmten „Vagabunden“mit einer musikalischen Performance: Am 25. Mai werden im Wiener Neustädter Bürgermeistergarten „Alle Symphonien Beethovens in 20 Minuten“gespielt, danach findet die Uraufführung der Komposition „Verhaftung
Beethovens“von Robert Michael Weiß statt. Und zuletzt stehen „Roll over Beethoven“und andere auf Beethoven bezogene Rock’n Roll-Stücke auf dem Programm. georg.markus@kurier.at