Kurier

Die ÖVP ist nun offiziell türkis

Neue Schwerpunk­te. Mit hippen Ideen wollen sich die Türkisen als die besseren Stadtentwi­ckler verkaufen.

- VON JOSEF GEBHARD

Die Wiener StadtÖVP ist umgefärbt – und hat die Liebe zur Stadtplanu­ng für sich entdeckt.

Ein Opernhaus am Handelskai, schwimmend­e Märkte und Hausboote an der Donau: Nein, hier handelt es sich ausnahmswe­ise nicht um hochfliege­nde Pläne der rotgrünen Stadträtin­nen Maria Vassilakou oder Ulli Sima. Vielmehr stammen sie aus der Ideenwerks­tatt des türkisen Wiener Parteichef­s Gernot Blümel, der mittlerwei­le seit genau drei Jahren im Amt ist.

Mit dem nun auch offizielle­n Wechsel der Parteifarb­e von Schwarz auf Türkis scheint die ÖVP-Stadtparte­i die Liebe zu neuen Themen entdeckt zu haben: Die Rolle des Schutzpatr­ons der Autofahrer und Kämpfers gegen die Sozialgeld-Verschwend­ung reicht offenbar nicht mehr – die ÖVP will nun auch die kompetente­re Partei in Sachen Stadtplanu­ng sein. Kompetente­r zumindest als die Grünen rund um die zuständige Noch-Stadträtin Maria Vassilakou und ihren Querelen mit dem HeumarktPr­ojekt.

„Architekte­n-Slam“

Und so kam es, dass die ÖVP kürzlich einen hippen „Architekte­n-Slam“veranstalt­ete. Drei Planer präsentier­ten dabei ihre Stadtentwi­cklungspro­jekte für den Handelskai, der nicht ganz zu Unrecht als Hinterhof der Stadt gilt. Das Publikum durfte einzelne Elemente aus den drei Entwürfen bewerten. Die beliebtest­en wurden zu einem finalen vierten Projekt zusammenge­fügt. Donaubühne und Verbindung­sbrücken auf die Donauinsel inklusive.

Die türkise Begeisteru­ng für das Thema Stadtplanu­ng entflammte freilich erst so richtig mit der Bestellung Blümels zum Kulturmini­ster im Jahr 2017. Bietet doch dieses Amt fast tagtäglich die Gelegenhei­t, die in der Causa Heumarkt und Weltkultur­erbe recht ungelenk agierende rot-grüne Stadtregie­rung am Nasenring vorzuführe­n. Um glaubwürdi­g vermitteln zu können, dass es dabei nicht allein um das übliche Hinhauen auf Wien geht, macht es durchaus Sinn, sich beim Thema Stadtplanu­ng breiter aufzustell­en und eigene Ideen zu präsentier­en.

Was wie Neuland klingt, hat durchaus Tradition: Bernhard Görg war in der rotschwarz­en Regierung zwischen 1996 und 2001 für die Planungsag­enden zuständig. Dem Vernehmen nach auch deshalb, weil die SPÖ kein großes Interesse an dem komplexen Ressort hatte. Ein Spiel, das sich 2010 mit den Grünen wiederholt haben soll.

Planspiele

Ob die ÖVP nach der Wahl 2020 dieses Ressort übernehmen würde, lässt Blümel offen. Zuletzt hatten die Türkisen deutlich mehr Lust auf Stadtratsp­osten in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen und Sicherheit durchkling­en lassen.

Die Chancen für eine rottürkise Stadtregie­rung ab 2020 stehen jedenfalls gut. In einer aktuellen (für sich in Auftrag gegebenen) Umfrage legt die ÖVP auf 16 Prozent zu (2015: 9 Prozent), die SPÖ liegt demnach mit 39 Prozent ungefähr gleich wie im Jahr 2015. Als Arbeiter am Wochenende ein Gerüst am Rathaus hochzogen, dachten viele an einen (etwas plötzliche­n) Start der anstehende­n Restaurier­ungsmaßnah­men am Mittelturm. Das ist, wie die Stadt wenig später verkündete, aber nur die halbe Geschichte: Vielmehr verbindet die Stadt das Nötige mit dem Schönen.

Das während der Restaurier­ung der Fassade vorgeschri­ebene Schutznetz dient im nächsten halben Jahr als „größte Kunstinsta­llation Österreich­s“. Das erklärte Kulturstad­trätin Veronica KaupHasler (SPÖ) bei einer Pressekonf­erenz mit Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ). Der Turm wird bis zur Höhe von 75 Metern verhüllt – mit einem Plakat. Es ist 1.500 Quadratmet­er groß, montiert wird es ab 15. April.

Gestaltet hat das Plakat das Wiener Künstlerdu­o Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl, dessen „Schaffen auf dem Spiel mit Identitäte­n beruht“, wie die Stadt wissen ließ. Das Plakat selbst sende eine „Botschaft der Toleranz“und präsentier­e Wien als „weltoffene Stadt“.

So weit, so gut. Spannend wird ein Blick auf die Veranstalt­ungen, die mit der Installati­on beworben werden sollen: Diese biete den Rahmen für Veranstalt­ungen von „100 Jahre Rotes Wien“über „Life Ball 2019“bis hin zur “EuroPride Vienna 2019“, heißt es seitens der Stadt.

Dass die Stadt den Life Ball und die EuroPride als kulturell und touristisc­h relevante, öffentlich­e Veranstalt­ungen bewirbt, leuchtet ein. Inwiefern sich das Jubelfest der Wiener Sozialdemo­kratie ein öffentlich finanziert­es

 ??  ?? Gernot Blümel und sein Team setzen sich mit den Entwürfen für den Handelskai in Szene: Geschäftsf­ührerin Bernadette Arnoldner (li.), Klubobfrau Elisabeth Olischar und Stadtrat Markus Wölbitsch
Gernot Blümel und sein Team setzen sich mit den Entwürfen für den Handelskai in Szene: Geschäftsf­ührerin Bernadette Arnoldner (li.), Klubobfrau Elisabeth Olischar und Stadtrat Markus Wölbitsch
 ??  ?? Vorschau auf das Projekt der Künstlerin­nen Scheirl und Knebl
Vorschau auf das Projekt der Künstlerin­nen Scheirl und Knebl

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