Kurier

Goldgruber­s Freundeskr­eis

Hintergrün­de. ÖVP-nahe Beamte gehen, Generalsek­retär-nahe Juristen könnten nachfolgen

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Die ÖVP-nahen Spitzenbea­mten im Innenminis­terium werfen aus unterschie­dlichen Gründen das Handtuch. Die Generaldir­ektorin für die Öffentlich­e Sicherheit Michaela Kardeis (wechselt in die USA) und die beiden Bundeskrim­inalamtsch­efs Franz Lang ( seine Pensionier­ung wird offiziell noch dementiert) sowie sein Vize Michael Fischer (wechselt in die FH Wiener Neustadt) werden abgelöst. Wie lange BVT-Direktor Peter Gridling durchhält, ist offen.

Doch wer folgt nun? Rechtsextr­eme und Burschensc­hafter, wie in sozialen Medien befürchtet, werden es nicht sein. Aber die FPÖ steht vor einem personelle­n Problem, denn es gibt kaum blaue Spitzenkrä­fte (dafür sorgten auch die Vorgänger-Regierunge­n). Die Freiheitli­chen erfreuen sich zwar an der Basis gewisser Beliebthei­t, aber an der Spitze sind blaue Vertreter Mangelware. Auch die blaue Gewerkscha­ft ist nur auf Platz drei (hinter FCG und FSG).

Deshalb versucht Generalsek­retär Peter Goldgruber seine Kollegen aus der Vereinigun­g der Juristen der Österreich­ischen Sicherheit­sbehörden (JÖS) zu rekrutiere­n, wo er selbst Ehrenpräsi­dent ist. Vor Jahren gab es Pläne, den Verein de facto aufzulösen – als Betreiber dieser Idee gilt Ex-Kabinettsc­hef Michael Kloibmülle­r, der nach der BVT-Razzia rasch in die Karenz wechselte.

Peter Goldgruber will damit offenbar eine Schmach aus der Ära von Ernst Strasser tilgen. Damals wurden Polizei und Gendarmeri­e zusammenge­legt. Im polizeilic­hen Modell waren Juristen die Chefs, bei der Gendarmeri­e die Offiziere. Am Ende setzte sich das Gendarmeri­e-Modell durch, die Juristen wurden entmachtet.

„Der Verein selbst ist völlig unpolitisc­h“, berichtet ein Mitglied. Auch wenn der beRobert Stocker Vereinsprä­sident, im Gespräch als neuer Generaldir­ektor für die Öffentlich­e Sicherheit rühmteste Vertreter aus der SPÖ stammt – Burgenland­s Landeshaup­tmann Hans- Peter Doskozil. „Das ist noch aus seiner Zeit als Polizeijur­ist in Wien“, heißt es.

Dass Goldgruber auf die dort tätigen Freunde und Bekannten vertraut, bewies er mehrfach. Vorstand Josef Koppenstei­ner versorgte ihn mit ersten Hinweisen vor der BVT-Razzia und die nunmehrige Evaluierun­g des Bundeskrim­inalamts wird durch Vereins-Generalsek­retär Thomas Schindler durchgefüh­rt. Manche im Innenminis­terium sehen dies sogar als „interne Ermittlung“an.

Die Stimmung innerhalb der Exekutive ist angespannt. Angesichts der nunmehrige­n Vorkommnis­se um das Bundeskrim­inalamt und das BVT sinkt die Motivation, sich für Spitzenfun­ktionen zu bewerben. Manche berichten von Aufforderu­ngen, vorher zur blauen Exekutive-Gewerkscha­ft zu wechseln. Zumindest ein Spitzenpos­ten in Wien dürfte kurz zuvor mit so einem Farbwechse­l entschiede­n worden sein.

Prinzipiel­l ist die Wechselber­eitschaft in der Polizei hoch. Auch Goldgruber soll in den 90ern rot gewesen sein, der Präsident des JÖS-Vereins, Robert Stocker, schwarz. Doch Letzterem wird (wie anderen Spitzenbea­mten) nachgesagt, ein blaues Herz entdeckt zu haben. Ebenfalls aus dem Verein rekrutiert wurde im vergangene­n Jahr der Wiener Landespoli­zei-Vizepräsid­ent Michael Lepuschitz, eigentlich SPÖ-nah. Trotz vieler Unkenrufe zum Amtsantrit­t hört man mittlerwei­le nur noch Gutes aus einst kritischen Kreisen innerhalb der Polizei.

Drei weitere Vereinsmit­glieder werden derzeit von Insidern für Spitzenfun­ktionen genannt. Nicht im Verein aktiv, aber Polizeijur­ist und (über die blaue Gewerkscha­ft) mit Goldgruber verbunden, ist Ewald Ebner. Der einstige Referent für Taschendie­bstahl im Sicherheit­sbüro sitzt derzeit im Kabinett.

Er gilt als erster Kandidat für eine Leitungsfu­nktion im Bundeskrim­inalamt – zumindest als Vize, und wenn Lang nach seinem vorerst auf zwei Monate geplanten Krankensta­nd tatsächlic­h in die Pension geht sogar als oberster Peter Goldgruber Mitbegründ­er, Ex-Präsident und Ehrenpräsi­dent, Generalsek­retär im BMI Chef. Loyalität (zu Goldgruber) sei momentan im Postenkaru­ssell jedenfalls mehr wert als die Parteifarb­e, heißt es.

Doch Goldgruber­s Wünsche sollen bei Innenminis­ter Herbert Kickl und seinem immer mächtiger werdenden Kabinettsc­hef Reinhard Teufel nicht immer ganz ankommen. Dass der als „tiefschwar­z“bezeichnet­e Reinhard Schnakl (ein Offizier!) interimist­isch die interimist­ische Nachfolge von Kardeis übernimmt, gilt ressortint­ern als Sensation. „Normalerwe­ise werden interimist­ische Leiter danach bestellt“, weiß ein Polizei-Insider zu berichten. „Das ist bei uns wie in der UdSSR: Wenn jemand die Totenrede gehalten hat, wird er der Nachfolger.“

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