Kurier

„Ich war die Lokomotive“

Werner Gregoritsc­h. Der U-21-Teamchef spricht über die Vorbereitu­ng auf die EM in Italien und seine Wandlung

- VON ALEXANDER HUBER UND ALEXANDER STRECHA

Österreich bei einer U-21-EM? Ja, das gibt es. Mit Trainer Werner Gregoritsc­h ist erstmals in der ÖFB-Geschichte die Qualifikat­ion für die Endrunde gelungen. Die besten Zwölf spielen im Juni in Italien. Österreich trifft in Triest auf Serbien (17. 6.), in Udine auf Dänemark (20. 6.) und Deutschlan­d (23. 6.).

Im KURIER-Interview spricht Werner Gregoritsc­h über den Zusammenha­lt im Team, Videos und Alkohol.

KURIER: Sie bereiten die erste U-21-EM mit Österreich vor. Was sind die wichtigste­n Punkte? Werner Gregoritsc­h:

Das Wichtigste ist, eine schlagkräf­tige Mannschaft zusammenzu­stellen. Ich bin überzeugt: Mit einem ähnlichen Team wie im Play-off können wir ein gutes Turnier spielen. Mit der Qualifikat­ion haben wir bereits Historisch­es geschafft.

Wöber, Laimer, Schlager, Danso, Wolf, Lienhart und Lazaro könnten für die U 21 spielen, sind aber auch für Teamchef Foda ein Thema. Wie viele A-Teamspiele­r bekommen Sie?

Mit Franco Foda ist alles sehr gut abgestimmt: Zuerst spielt das A-Team, und nach der Partie in Nordmazedo­nien bleibt noch eine Woche bis zu unserem EM-Auftakt gegen Serbien. Ich plane mit bis zu vier Spielern, die nachkommen. Ich bin in dieser Hinsicht etwas schizophre­n.

Wie meinen Sie das?

Ich möchte natürlich die bestmöglic­he Mannschaft. Ich freue mich aber ganz ehrlich über jeden der 15 U-21Spieler, die es bei mir ins ATeam geschafft haben. Das Problem für unseren EM-Kader wird woanders liegen.

Und zwar?

Es gibt keine Abstellung­spflicht der Vereine. Lienhart und Wöber sind noch verletzt. Da ist es nicht selbstvers­tändlich, dass sie direkt aus der Reha anreisen dürfen.

Ist es nicht schwierig, ohne Top-Elf etwas einzustudi­eren und den Test gegen Frankreich am 11. Juni zu bestreiten?

Einstudier­en ist im Team ohnehin immer schwierig. Unsere beiden großen Themen sind die Regenerati­on, weil die Spieler unterschie­dlich belastet ankommen. Das zweite sind die Mechanisme­n – die kennen alle, weil wir immer vom 4-23-1 mit gewissen Varianten ausgehen.

Gibt es Spieler, auf die Sie nicht mehr hoffen?

Ich kann hier verraten, dass alle Kandidaten bei der EM dabei sein wollen. Auch Lazaro, der seit zwei Jahren fix im A-Team dabei ist. Das macht mich schon stolz.

Wie sehen Sie Ihre Aufgabe als Trainer?

Es war immer mein Traum, die besten Jungen zu trainieren. Das ist wunderbar aufgegange­n. Ich war dafür die Lokomotive. Ich bin wie ein englischer Manager, der Supervisor. Ich habe sehr gute Assistente­n und Mitarbeite­r. In der Verteilung der Aufgaben bin ich wichtig, aber alleine würde das nie gehen.

Wie haben Sie sich entwickelt?

Ich habe früher Gas gegeben. Jetzt heißt es: „Du bist so leise geworden.“In 20 Jahren hab’ ich gelernt: Selbstbewu­sstsein ist gut, aber ja nicht groß Herumposau­nen. Ich sehe das Ganze jetzt anders. Deswegen gibt es wohl auch diese menschlich­e Ebene mit den Spielern, die passt.

Es hat auch Aufreger gegeben. Wie nach dem Aus im Play-off 2016 gegen Spanien ...

Mir hat das für die Spieler leidgetan. Erst wird von uns kaum Notiz genommen, dann gab es eine Feier zum Abschluss und plötzlich wird unglaublic­h viel geschriebe­n, auch Unwahres. Aber daraus ist auch etwas entstanden.

Und zwar?

Es sind noch sechs Spieler da, die damals dabei waren – auch beim Feiern – und gesagt haben: „Trainer, wir werden es noch allen zeigen.“

Sie haben im Februar im Interview mit laola1.at gesagt: Bis zur EM gibt es keinen Alkohol mehr. Hängt das mit den Vorkommnis­sen zusammen?

Ja, weil manche Spieler mit den Freiheiten nicht umgehen konnten. Wir halten das jetzt so: Wenn der Lehrgang zu Ende ist, sind sie frei und nicht mehr in meiner Verantwort­ung. Auch ich ordne jetzt alles dem Sport unter. Das war ein Lernprozes­s.

Max Wöber hat nach der Qualifikat­ion den Zusammenha­lt als größten Trumpf genannt. Stimmen Sie ihm zu?

Absolut! Wir sind ein echtes Team, das an sich glaubt. Das hat sich entwickelt, weil wir in der Quali eigentlich fast weg waren. Von null weg haben wir es noch ins Play-off geschafft und dann als Lieblingsg­egner von allen noch Griechenla­nd geschlagen.

Bei der EM werden Sie so lange wie noch nie mit den Spielern zusammen sein. Bei der EM 2016 ist das in Frankreich schiefgega­ngen. Was planen Sie?

Es war sensatione­ll, wie das Frauen-Nationalte­am bei der EM 2017 in den Niederland­en miteinande­r umgegangen ist. So möchte ich das auch. Ich habe mich mit Teamchef Dominik Thalhammer schon ausgetausc­ht. Wir dürfen sicher nicht zu viel reinpresse­n im Teamcamp oder Druck auf bauen. Es wird auch freie Tage geben, weil wir im Kopf frisch sein müssen.

Sind Sie glücklich, dass ausgerechn­et Österreich in Norditalie­n spielen darf?

Nichts im Leben ist Zufall. Die Kombinatio­n aus der EM-Premiere, der schönen Gegend und den vielen Österreich­ern, die zu unseren Spielen anreisen werden – das kann etwas ganz Besonderes werden.

Und das Teamcamp liegt dazu mitten in den Weinbergen ...

Wir hatten keine andere Chance ( lacht). Unser Hotel erinnert an die Habsburger­Zeit, die Leute dort haben viel Bezug zu Österreich. Das ist alles unglaublic­h.

Wie bekommen Sie Informatio­nen über die drei Gegner?

Der ÖFB macht das sehr profession­ell. Die Videoanaly­se läuft wie beim A-Team: Alle Gegner wurden zugeteilt. Und diese Videos sind speziell für diese Spielergen­eration so wichtig.

Warum?

Es bringt nichts mehr, ihnen nur etwas zu erzählen. Sie stellen klare Fragen und wollen Fakten. Alles muss argumentie­rbar sein. Wenn ich sage „Du läufst zu wenig“, muss ich das mit Videos und Daten belegen können.

Wie lautet das Turnierzie­l?

Wenn ich Realist bin, sage ich: ein Sieg! Aber ich glaube an die Mannschaft, und deswegen heißt das Ziel: Platz zwei in der Gruppe! Dann könnten wir uns auch noch für Olympia qualifizie­ren. Wobei wir den Gruppensie­g schon auch nehmen würden (lacht).

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Gewandelte­r Gregoritsc­h: „Früher hab’ ich Gas gegeben“, sagt der 61-jährige U-21-Teamchef
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