Kurier

IHS-Kocher: Ohne Einigkeit hat die EU keine Existenzbe­rechtigung

EU-Wahl. Experten fordern mehr Engagement bei Klimaschut­z, Wirtschaft­s- und Währungspo­litik.

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Die Wirtschaft meldet sich nach der EU-Wahl vorsichtig positiv, aber auch kritisch zu Wort. Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, sieht im Budget für die Folgejahre die erste Nagelprobe der nächsten EUKommissi­on. Der mehrjährig­e Finanzrahm­en laufe nächstes Jahr aus, dann müsse man sich einigen, wo mehr und wo weniger Geld hineingest­eckt werde. Klimaund Umweltpoli­tik sowie die diesbezügl­iche Steuerpoli­tik seien große europäisch­e Themen. Sollte die EU bei diesen drei großen Bereichen keine Einigkeit erzielen können, werde es schwierig zu argumentie­ren, warum sie in der jetzigen Form weiterexis­tieren solle.

Beim Brexit habe die EUWahl kein klares Bild gebracht: In Großbritan­nien hielten sich Befürworte­r und Gegner auch bei der Europawahl ungefähr die Waage. Ein harter Brexit hätte wirtschaft­lich gesehen für beide Seiten negative Folgen, aber stärker für die Briten.

Positives Signal

Die Industriel­lenvereini­gung (IV) lobt die gestiegene Wahlbeteil­igung als positives Signal. Die Österreich­er hätten mehrheitli­ch jene Parteien gewählt, die proeuropäi­sch ausgericht­et seien, freut sich IV-Präsident Georg Kapsch. Bedenklich sei hingegen die europäisch­e Entwicklun­g: „Der weitere Aufstieg der rechtspopu­listischen Parteien, die eine Spaltung Europas fordern und die Grundfreih­eiten infrage stellen, ist eine Gefahr für den allgemeine­n Wohlstand und die Zukunft der EU“, warnt Kapsch.

Die Europawahl ist nach Ansicht des deutschen TopÖkonome­n Marcel Fratzscher ein Weckruf an die Politik. „Sie ist Ausdruck des Wunsches der Bürger, dass von Europa mehr erwartet wird, als es bisher geliefert hat“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW).

Die Bürger wollten, dass mehr für Klimaschut­z getan werde und die Politik geeignete Vorschläge zur Lösung der Migrations­frage vorlege. Auch in der Wirtschaft­s- und Währungspo­litik sähen die Wähler Reformbeda­rf.

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IHS-Chef Martin Kocher fordert von der EU mehr Einigkeit

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