„Wir haben arabische Verhältnisse“
Klaus Schmidt. Der Mattersburg-Coach über Trainerwechsel, junge Spieler und alte Werte
Klaus Schmidt ist nächste Saison nach Markus Schopp (sofern der in Hartberg bleibt) jener Trainer, der am längsten bei seinem Klub ist – es sei denn, Thomas Silberberger steigt mit Wattens auf. Und das, obwohl der 51-jährige Steirer erst am 28. August des Vorjahres Mattersburg übernommen hat.
KURIER: Machen die vielen Trainerwechsel nachdenklich? Klaus Schmidt:
Sicher. Nimmt man die 2. Liga dazu, dann sind 22 von 26 Bundesligatrainern neu – das ist ein Hammer. Vor zehn Jahren war ich CoTrainer von Pepi Hickersberger in Abu Dhabi. Da sind in der 12er-Liga in einer Saison 14 Trainer entlassen worden. Damals haben wir gesagt, dass das Wahnsinn ist und so etwas nur in Arabien passieren kann. Jetzt haben wir arabische Verhältnisse.
Bereuen Sie es, dass Sie nicht Sportwissenschaftler oder Physiotherapeut geblieben sind?
Als Physiotherapeut wäre ich fein heraußen. Als Fußballtrainer lebe ich jeden Tag meinen Traum, aber immer mit der Pistole im Genick.
Warum wollten Sie dann Cheftrainer werden?
Wenn du einen Job hast, ist Fußballtrainer das Beste, das ich mir vorstellen kann. Du verdrängst negative Erlebnisse, im Rückblick bleiben die Erfolge. Du platzierst die positiven Erlebnisse in einer Ecke in deinem Gehirn, damit du von ihnen zehren kannst.
Sie sind seit 20 Jahren im Geschäft, was hat sich geändert?
Es ist alles sehr komplex geworden. Unter anderem ist der Trainerstab größer geworden. Es ist wichtig, delegieren zu können, den Leuten im Team Wertschätzung entgegenzubringen, Impulse der Kollegen zuzulassen, aber am Ende als Chef doch die Richtung vorzugeben.
Sind Sie ein Laptop-Trainer?
Es gibt keinen Trainer in Österreich, der nicht viel Zeit am Laptop verbringt. Ansonsten hast du null Chancen. Wir arbeiten hier in Mattersburg mit einem GPS-System, das Unmengen an Daten liefert. Du musst mit deinem Trainerstab dann filtern, welche Daten relevant sind. Das ist bei der Videoanalyse nicht anders. Aber da habe ich mit Robert Almer, Thomas Höller, Bernd Eibler und Gerald Linshalm hervorragende Mitarbeiter.
Auch die Kommunikation sich geändert. hat
Vor 20 Jahren hast du einen Zettel aufgehängt mit den Trainingsterminen. Das geht jetzt über WhatsApp.
Und die Spieler? Haben die sich verändert?
Die Mentalität ist eine andere geworden. Spielertypen wie Standfest, Amerhauser, Auf hauser oder Mattersburgs Bürger sind vom Aussterben bedroht. Die hatten Ecken und Kanten, sie haben andere Wege gekannt. Die Jungen heute kommen so gut wie alle aus den Akademien, sie sind anders aufgewachsen. Mit Handy, Computer und neuen Medien. Nicht, dass das schlecht ist, aber es ist anders.
Auch für den Trainer.
Du musst schauen, dass du Schritt hältst und dich auch mit diesen Dingen beschäftigen und auseinandersetzen. Aber man sollte auch die Werte nicht vergessen, mit denen unsere Generation aufgewachsen ist. Bei dem Wandel, der vor sich geht, solltest du jedoch den Anschluss nicht verlieren.
Nicht nur im Fußball.
Wahrscheinlich hat es aufgrund der technischen Entwicklung noch nie so einen Umbruch wie in den letzten 20 Jahren gegeben. Egal, ob als Trainer oder als Mechaniker. Du musst dich adaptieren, um nicht auf der Strecke zu bleiben.
Sie wirken recht ausgeglichen und geben sich an der Linie sehr emotional. Sind das Sie? Oder setzten Sie die ausladende Körpersprache bewusst ein?
Ich unternehme alles, um das Spiel zu gewinnen, da sind ab und zu Emotionen gefordert. Man muss aber den Mittelweg finden. Mann kann nicht nur pushen, pushen, pushen. Da verbrennt man. Generell bin ich aber ein emotionaler Typ, der gern lacht, aber auch einmal weint. Ich habe Stärken und Schwächen, das wissen meine Spieler.
Und Sie wurden noch täuscht? nie ent
Ganz selten. Jeder Profi ist eine Ich-AG. Erfolge kann man aber nur als Mannschaft feiern. Das muss jeder Spieler verstehen und auch seine Rolle im Team annehmen, es akzeptieren, auf der Bank Platz zu nehmen oder gar nicht im Kader zu sein. Natürlich gibt es auch spezielle Spieler, aber ich habe bis jetzt immer einen Weg gefunden, um mit besonderen Typen umzugehen.
Sie verstehen sich mit Trainerkollegen wie Adi Hütter oder Didi Kühbauer sehr gut. Ist das Usus in der Branche?
Adi Hütter ist mein Freund, und wir kennen uns seit unserer gemeinsamen Zeit beim GAK. Didi Kühbauer habe ich über Adi kennen und schätzen gelernt ... wichtig ist, dass man voreinander Respekt hat. Jeder will gewinnen, es steht Woche für Woche viel auf dem Spiel.
Wie schätzen Sie die sportliche Entwicklung in Mattersburg ein, seit Sie hier sind?
Das Ziel war es, die Mannschaft zu stabilisieren. Das ist gelungen.
13 Verträge wären im Sommer ausgelaufen, ein großer Umbau wäre möglich gewesen.
Wir werden den Kader weiterhin straff halten. Mit vielen wurde schon verlängert, in Mattersburg ist es nicht notwendig, sieben oder acht Spieler zu tauschen. Es sollen aber mindestens zwei Spieler kommen, um der Mannschaft neuen Esprit zu geben. In Mattersburg ist über Jahre eine Mannschaft gewachsen mit viel Burgenland-Affinität – und das soll auch so bleiben.