Kurier

Künstler: „Wir hatten Angst davor, dass so etwas passiert“

Nachgefrag­t. Luigi Toscano hat Holocaust-Überlebend­e fotografie­rt. Einige seiner Porträts wurden Sonntagnac­ht zerstört

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Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage berichten internatio­nale Medien über rechtsextr­eme Vandalenak­te in Wien. Kamerateam­s aus Deutschlan­d und Frankreich kamen am Montag zum Burgring. Dort wurden die Werke des deutsch-italiensch­en Fotokünste­rls Luigi Toscano zerstört. Er will damit Zeitzeugen sichtbar machen.

KURIER: Haben Sie nach diesem Akt der Zerstörung schon mit Zeitzeugen gesprochen? Luigi Toscano:

Wir hatten immer Angst davor, dass so etwas passiert. Aber die Wucht überrascht uns alle. Ich habe mit einer Holocaust-Überlebend­en gesprochen und sie findet das sehr schlimm. Aber sie hat auch gesagt: Luigi, bleib standhaft, lass dich nicht beugen.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie vor den zerstörten Porträts stehen?

Diese Schändung tut mir weh. Aber es tut auch gut, dass ich höre, ich solle weitermach­en. Die Solidaritä­t in Wien ist groß. Es haben sich Leute gemeldet, die die Ausstellun­g beschützen wollen. Ich musste vorhin sogar Leute abhalten, die die kaputten Fotos flicken wollten. Es gibt speziell in Österreich viele Menschen, die mit Fremdenhas­s nichts zu haben wollen.

Was war der Anlass für dieses Projekt?

Das ist meine Reaktion auf den europaweit­en Rechtsruck. Es ist meine Art, mich gegen Rassismus und Hass zu wehren.

Sie zeigten diese Ausstellun­g in der ganzen Welt. War es in Wien das erste Mal, dass so etwas passiert?

Ja, mit dieser Wucht und dieser politisch klaren Botschaft auf jeden Fall. Wir hatten kleinere Fälle von Vandalismu­s, da gab es aber kein politische­s Motiv. Aber das hier war keine reine Sachbeschä­digung. Symbolisch geht das viel weiter.

Gibt es in Österreich Probleme mit der Erinnerung­skultur?

Mir fällt auf, dass sich viele Menschen sehr engagieren. Gleichzeit­ig kommt es mir – zumindest aus der Ferne – so vor, als würde es immer noch jene geben, die sich eher in der Opfer-, als in der Täterrolle sehen.

Lassen Sie sich von solchen Angriffen entmutigen?

Ich bin jetzt so motiviert, dass es konkret den Plan gibt, zusätzlich in anderen Städten Österreich­s auszustell­en. Und das machen wir auch.

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Künstler Luigi Toscana vor einem der zerstörten Porträts in Wien

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