Weltstars in Feierlaune
Jubiläum. Das Haus am Ring beging vor 10.000 Menschen open air sein 150-jähriges Bestehen
Meist sind es mehr oder minder sinnvolle Demonstrationen zu mehr oder minder relevanten Themen, die für eine Sperre der Wiener Ringstraße verantwortlich sind und nicht nur Autofahrer oft zur Weißglut treiben.
Aber es gibt auch Momente, wo im Herzen Wiens einfach gefeiert werden darf, wo an die 10.000 Menschen nicht pfeifen, johlen oder irgendwelche Parolen skandieren, sondern einfach nur applaudieren. So geschehen im Fall der Wiener Staatsoper, die bekanntlich das 150-JahrJubiläum der Eröffnung des Hauses am Ring beging und mit einem starbesetzten Jubiläumskonzert für eine Ringstraßensperre sorgte.
Partystimmung
Denn nach der musikalisch grandiosen, szenisch eher vernachlässigbaren Premiere der „Frau ohne Schatten“von Richard Strauss war auf dem Karajan-Platz vor der Oper Partystimmung angesagt. Absperrungen allerorts, eine aufgebaute Bühne, eine riesige Videowall und Weltstars der Klassik im Dauereinsatz.
Und ja, es war ein Geschenk, dieses Jubiläumskonzert am Ring, das von ORF III live übertragen wurde, das auch die Dachterrasse der Oper und die Balkone des umliegenden Hotel Bristol zu vokalen Spielplätzen machte. Und selbst der launische Wettergott war – von ein paar Regentropfen abgesehen – in Feierlaune.
Ebenso wie alle Protagonisten, die zu einem wahren Parforceritt durch die Operngeschichte antraten. Nina Stemme – eben noch eine gefeierte Färberin in der „Frau ohne Schatten“– eröffnete den Reigen mit der „Hallenarie“aus Wagners „Tannhäuser“und betörte mit ihren Kolleginnen Stephanie Houtzeel und Chen Reiss auch mit dem Schluss-Terzett aus dem „Rosenkavalier“. Camilla Nylund – in der „Frau ohne Schatten“eine Kaiserin von Weltformat – berührte mit der Arie „Glück, das mir verblieb“aus Erich Wolfgang Korngolds „Toter Stadt“.
Tomasz Konieczny erinnerte mit Beethovens „Fidelio“an die heute immer wichtiger werdenden Werte des Humanismus; für düstere, aber herrliche Klänge war Jongmin Park bei Verdis „Macbeth“aufgeboten. Olga Bezsmertna sang Mozart; als eine Art „Gute-Laune-Bär“erwies sich Erwin Schrott mit Valentina Nafornita bei Mozarts „Don Giovanni“. Nafornita besang auf der Dachterrasse des Hauses später auch den Mond – dank Dvorák.
Benjamin Bernheim als leidender Werther (der von Massenet), Günther Groissböck (auf einem Balkon des Bristol) als nobler Inbegriff von Tschaikowskys Fürst Gremin aus „Eugen Onegin“und der wunderbare Ferruccio Furlanetto mit „Otu Palermo“aus Verdis „Sizilianischer Vesper“– sie alle brillierten.
Liebesküsse
Eine Show der Extraklasse lieferte Startenor Roberto Alagna ab, der mit seiner Ehefrau Aleksandra Kurzak bei einem Duett aus Verdis „Otello“mit dem leidenschaftlichen Küssen gar nicht mehr auf hören wollte. Musste er aber, denn auch die große Arie des Éléazar aus Halévys „La Juive“wollte gesungen werden; Kurzak war bei Gounod im Einsatz. Und die hochschwangere Sonya Yoncheva läutete mit Puccinis „Butterf ly“das Finale ein. Dirigent Marco Armiliato, der Chor des Hauses sowie alle Solistinnen und Solisten ließen mit dem Brindisi aus Verdis „La Traviata“das Haus hochleben. Auch dafür danke!