Kurier

Philippe Jordan und die Symphonike­r mit Berlioz: Ein weiteres musikalisc­hes Fest

- – SUSANNE ZOBL

Einer der Choristen erlitt einen Nervenanfa­ll, der Pfarrer warf sich vor den Altar und brach in Tränen aus. Das wurde von der erfolgreic­hen Uraufführu­ng der „Grande Messe des Morts“(op. 5 von Hector Berlioz im Pariser Invalidend­om 1837 berichtet.

Die aktuelle Aufführung im Wiener Musikverei­n überwältig­te. Am Pult der Wiener Symphonike­r stand Philippe Jordan. Ins Zentrum seiner vorletzten Saison als deren Chefdirige­nt stellte er Berlioz, dessen Todestag sich im März zum 150. Mal jährte.

Bereits mit dessen großen Chor- und Orchesterw­erken ließ Jordan auf horchen. Bei

Kritik.

der „großen Totenmesse“demonstrie­rte er fulminant die Genialität dieses Komponiste­n, wenn es um Instrument­ierung und Erneuerung großer Formen geht.

Klangraum

Vier Bläserense­mbles und acht Paukenpaar­e, wie sie ursprüngli­ch vorgesehen waren, setzte Jordan ein. Sein Dirigat ließ hören, was der Begriff „Originalkl­ang“auch bedeuten kann, nämlich Authentizi­tät und wirkliche Werktreue. Durch die Platzierun­g der Blechbläse­r in einer Rangloge und auf dem Orgelbalko­n entstand ein Klangraum, der den gesamten Goldenen Saal erfüllte.

Jordan fand die Balance zwischen großen Emotionen und analytisch­er Feineinste­llung. Klar differenzi­ert ziselierte er die Nuancen dieses gigantisch­en Werks. Der Wiener Singverein intonierte wortdeutli­ch und changierte exzellent zwischen zarten Passagen, die manchmal gar choralarti­g klangen und großer Oper.

Saimir Pirgu glänzte mit seinem kraftvolle­n, wohltimbri­erten Tenor. Die Spannung auf Jordan als Generalmus­ikdirektor der Wiener Staatsoper nach diesem spektakulä­ren Klangtheat­er steigt immer mehr. Berechtigt­e Ovationen.

KURIER-Wertung:

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