Kurier

Das unwürdige Endspiel von Baku

Europa League. Der Boykott von Henrich Mchitarjan überschatt­et das Finale zwischen Arsenal und Chelsea

- VON CHRISTOPH GEILER

Es könnte ein so schönes Finale der UEFA Europa League sein: Auf der einen Seite Arsenal London, ein hochdekori­erter und prominent besetzter Traditions­verein, der seit jeher zum Besten gehört, was das Mutterland des Fußballs zu bieten hat.

Auf der anderen Seite der Stadtrival­e FC Chelsea, die Spielwiese des russischen Multimilli­ardärs Roman Abramowits­ch, der einzige Klub, dem es in den letzten zehn Jahren gelungen ist, die Champions League (2012) und die Europa League (2013) zu gewinnen.

Arsenal gegen Chelsea – das würde auch ein würdiges Champions-League-Endspiel abgeben.

Doch in den Tagen vor dem Europa-League-Finale an diesem Mittwoch in Baku rückte der Fußball zusehends ins Abseits. Und es stellt sich mehr und mehr die Frage: Was hat sich die UEFA bloß dabei gedacht, das Finale nach Baku zu vergeben, in die Hauptstadt Aserbaidsc­hans?

Schlechte Stimmung

Es wird heute Abend eine seltsame Stimmung herrschen im neu errichtete­n Nationalst­adion. Da der Flughafen in Baku am Tag lediglich 15.000 Passagiere abfertigen kann, werden die ansonsten so reisefreud­igen englischen Anhänger in der Arena in der Minderheit sein. Nur jeweils ein Zehntel der knapp 70.000 Tickets ging an die Finalteiln­ehmer Chelsea und Arsenal.

Das ist aber nicht der Grund, weshalb Bernd Leno von einem „Skandal“spricht. Auf die lautstarke Unterstütz­ung der Fans hätte der Arsenal-Torhüter möglicherw­eise noch verzichten können, aber dass ein Mitspieler nicht beim Finale dabei sein kann, sorgt nicht nur bei ihm für Entsetzen.

Henrich Mchitarjan boykottier­te die Reise nach Baku. Der Spielmache­r von Arsenal kommt aus Armenien, einem Land, das wegen des Konfliktes um Bergkaraba­ch keine diplomatis­chen Beziehunge­n zu Aserbaidsc­han pflegt. Mchitarjan hatte für die Reise nach Baku große Sicherheit­sbedenken und entschied sich daher, das wichtigste Spiel seiner Karriere sausen zu lassen. „Das ist ein Spiel, das man als Spieler nicht oft erlebt. Deshalb tut es sehr weh, dass ich nicht dabei sein kann“, erklärte der armenische Fußballsta­r.

Laute Kritik

Seine Teamkolleg­en können diesen Entschluss nachvollzi­ehen und sparen nicht mit Kritik an der Auswahl des Finalortes. „Wenn die Voraussetz­ungen nicht gegeben sind und ein Spieler aus politische­n Gründen nicht antreten kann, dann ist das nicht richtig“, meinte Bernd Leno im kicker. Auch der Finalgegne­r bedauert das Fehlen von Mchitarjan. „Ich hätte ihn gern auf dem Platz gesehen, aber in so einer Situation ist es die Entscheidu­ng eines Mannes, nicht eines Spielers. Das kann man nur respektier­en“, meinte Chelsea-Trainer Maurizio Sarri.

Ihren ursprüngli­ch angedachte­n Plan, das Aufwärmpro­gramm vor dem Spiel in Mchitarjan-Trikots zu bestreiten, haben die ArsenalSpi­eler wieder fallen lassen müssen: Die mächtige UEFA untersagte dem Verein diese Aktion.

Ohnehin kann UEFA-Präsident Aleksander Ceferin die Aufregung nicht nachvollzi­ehen. „Aserbaidsc­han hat uns die Sicherheit aller Beteiligte­n garantiert. Letztendli­ch hat der Spieler entschiede­n, nicht mitzureise­n. Wenn sich der Fußball von solchen Spannungen auf halten lässt, können wir künftig gar nichts mehr organisier­en“, meinte der Slowene gegenüber dem Spiegel.

Krösus Real

Chelsea vs. Arsenal ist nur die prominente Ouvertüre für das Champions-LeagueEnds­piel am Samstag in Madrid, in dem sich Tottenham und Liverpool gegenübers­tehen. Sportlich sind die Klubs aus der Premier League die Nummer eins, wirtschaft­lich gibt hingegen Real Madrid den Ton an: Laut einer aktuellen Analyse von KPMG besitzen die Königliche­n von allen Vereinen den höchsten Unternehme­nswert. In Zahlen: 3,22 Milliarden Euro.

 ??  ?? Duell unter Nachbarn: Arsenals Laurent Koscielny (links) trifft auf Chelsea mit Olivier Giroud
Duell unter Nachbarn: Arsenals Laurent Koscielny (links) trifft auf Chelsea mit Olivier Giroud
 ??  ?? Im Fokus: Die Wahl des Endspiel-Ortes Baku sorgt für Kritik
Im Fokus: Die Wahl des Endspiel-Ortes Baku sorgt für Kritik

Newspapers in German

Newspapers from Austria