Kurier

„Kaum Öffi-Angebot für Pendler“

Wirtschaft­skammer. Spartenobm­ann Davor Sertic fordert mehr und billigere Park-and-Ride-Plätze

- VON CHRISTOPH SCHWARZ

Der breiteren Öffentlich­keit ist er kaum bekannt – hinter den Kulissen ist Davor Sertic aber eine der zentralen Figuren der Wiener Verkehrspo­litik: Egal, ob Anrainerpa­rken, Taxistreit oder Fernbuster­minal – Sertic hat seine Finger im Spiel.

Der gebürtige Kroate ist Chef eines Logistikun­ternehmens – der UnitCargo – und als Obmann der Sparte Transport und Verkehr der Wirtschaft­skammer Wien ein zentraler Verhandlun­gspartner der rot-grünen Stadtregie­rung.

KURIER: In der Stadt stehen viele Großprojek­te an, die sich auf den Verkehr auswirken – vom Fernbuster­minal bis zum Lobautunne­l. Warum wird man das Gefühl nicht los, dass in Wien die Realisieru­ng derartiger Projekte immer ewig dauert? Davor Sertic:

Derartige Verzögerun­gen sind natürlich ein Standortna­chteil für Wien. Die Welt entwickelt sich dynamisch. Wenn Wien weiterhin internatio­nal konkurrenz­fähig sein will, dann müssen diese Projekte rascher umgesetzt werden.

Eines der Projekte ist der neue Fernbuster­minal. Die Standorten­tscheidung ist nach Jahren gefallen. Sie haben auf Umsetzung gedrängt und der Stadt die Hilfe der Wirtschaft­skammer angeboten. Hat sich die Stadt schon bei Ihnen gemeldet?

Nein, noch nicht. Aber ich bin mir sicher, die Stadt weiß über unsere Kompetenz Bescheid. Das ist auch meine Forderung: Dass vor allem auch das Wissen der Busunterne­hmer, die bisher den Busbetrieb in Eigenregie managen, einfließt.

Worauf kommt es bei der Umsetzung des Terminals an?

Ich habe mir Beispiele im Ausland angesehen, die für Wien als Vorbild gelten könnten. Etwa in Schweden. Dort funktionie­rt ein moderner Bustermina­l von der Gestaltung her wie ein Flughafen: Mit WLAN mit guten Anschlüsse­n zu Öffis und Taxis, mit einem Fahrradver­leih. Nur wenn diese Anschlüsse und kurze Wege in die Innenstadt gewährleis­tet sind, wird der Bustermina­l optimal genutzt. All diese Überlegung­en müssen miteinflie­ßen. Und dafür braucht es die Unternehme­r.

Sie haben den Anschluss an Öffis und Radverkehr genannt: Gemessen am gesamten Verkehrsau­fkommen stagniert der Anteil der Öffi-Nutzer, auch der An

teil des Radverkehr­s ist gering. Läuft hier etwas falsch in der Verkehrspo­litik der Stadt?

Ich sehe am Beispiel der Pendler, dass es klaren Verbesseru­ngsbedarf gibt. Die Stadt muss den Pendlern die Öffis noch schmackhaf­ter machen. Es gibt immer noch zu wenig Möglichkei­ten, das Auto am Stadtrand abzustelle­n und öffentlich in die Stadt zu fahren. Sowohl bei der West- als auch bei der Südeinfahr­t sind die Parkand-Ride-Möglichkei­ten begrenzt. Auch finanziell­e Anreize könnte die Stadt setzen – ein Beispiel: Ich fände es klug, eine Öffi-Jahreskart­e in Kombinatio­n mit einem noch günstigere­n Park-andRide-Platz anzubieten.

Der öffentlich­e Raum ist begrenzt – der Kampf zwischen unterschie­dlichen Verkehrste­ilnehmern ist programmie­rt ...

Daher müssen wir noch mehr auf einen Interessen­ausgleich setzen. Ich würde mir bei neuen Verkehrspr­ojekten erwarten, dass nicht nur die Bedürfniss­e der Anrainer gehört werden, sondern dass auch die Zulieferer und die örtlichen Unternehme­n noch stärker eingebunde­n werden, bevor Lösungen erarbeitet werden. Die Stadtregie­rung darf nicht nur die Interessen ihrer eigenen Klientel im Blick haben.

Einer Ihrer Erfolge war die Öffnung der Anrainerpa­rkplätze für den Lieferverk­ehr. Sie haben zuletzt immer wieder gefordert, die Anrainerpa­rkplätze unter Tags für alle Autofahrer zu öffnen. Wie stehen Ihre Chancen?

Ich fordere weiter die totale Öffnung der Anrainerzo­nen für alle zwischen 8 und 16 Uhr. Damit das gelingt, müssen wir den Anrainern noch besser vermitteln, dass das Vorteile hat. Etwa für die Umwelt – aber auch für sie selbst. Jeder Anrainer ist in einem anderen Bezirk zugleich als Kunde oder Unternehme­r unterwegs – und dort käme ihm die Öffnung während des Tages zugute.

Sie vertreten das Taxi-Gewerbe im Kampf gegen Uber. Sind Sie schon einmal Uber gefahren?

Nein, noch nie.

Aber Taxi?

Ja. Die Taxibranch­e ist am Limit. Wenn nicht bald etwas passiert, sind viele Taxifahrer in ihrer Existenz bedroht.

Wie kann man das ändern?

Die Novelle des Gelegenhei­tsverkehrs­gesetzes – und damit die Gleichstel­lung von Taxis und Uber – muss trotz Übergangsr­egierung umgesetzt werden, damit endlich Fairness auf den Straßen herrscht.

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Ob Pendler die Öffis nutzen, entscheide­t sich vielfach an der Stadtgrenz­e: Die Wirtschaft­skammer beklagt fehlende Park-and-Ride-Plätze Schatten.
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Sertic ist Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der WKW

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