Enge Verbindung seit Jahrhunderten
Historie. Mit der Entstehung von Privateigentum und Unternehmertum entstand der Berufsstand der Notare
Die Wurzeln des Notariats reichen weit zurück. „Die älteste Form des lateinischen Notariats ist in der Neuzeit in den Städten Oberitaliens entstanden“, weiß Ludwig Bittner, Präsident der Österreichischen Notariatskammer (ÖNK). Der wachsende Handel sowie das Fehlen von Grundbüchern machten es erforderlich, im Sinne der Rechtssicherheit Geschäfte und Vereinbarungen von einer dazu befugten Person, eben dem Notar, beglaubigen zu lassen.
Startjahr 1848
In Österreich verbreitete sich das Notariat aber erst im Revolutionsjahr 1848. „Das ist untrennbar mit der Abschaffung des Feudalsystems, der Bauernbefreiung und der Entstehung des privaten Unternehmertums verbunden“, erklärt Bittner. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte im Prinzip jeder Bürger Grund und Boden erwerben, Privateigentum schaffen und die entsprechenden Geschäfte tätigen. „In Österreich wurde damals ein auf französischem Vorbild basierendes Notariat eingeführt“, sagt Bittner. Bis die heimischen Notare ein eigenes Berufsrecht erhielten, dauerte es allerdings noch bis 1871. Als Kernaufgaben wurden darin Grundbuch und Vermögensrecht festgelegt sowie die Funktion des Notars als Gerichtskommissär.
Aufgaben, die bis heute von enormer Bedeutung sind. Dass sich an der Bedeutung des Notariats in Hinblick auf Immobilien- und Unternehmensrecht bis heute nichts geändert hat, zeigt die Entwicklung in den Reformstaaten. Um Grundund Firmenbuch auf den letzten Stand bringen und somit Rechtssicherheit schaffen zu können, sei dort gleich nach der Wende das Notariat eingeführt worden. Wo es dieses bereits gab, seien die Aufgaben entsprechend erweitert worden.
Unabhängig & kreativ
Das gilt übrigens auch für Österreich: Nach wie vor ist das Beglaubigen von Urkunden eine wichtige Aufgabe, doch das Tätigkeitsfeld der Notare ist deutlich breiter geworden. Bei Fragen zu Themen wie Vererben, Verschenken, Unternehmensgründung und -übergabe, Gesellschafts- oder Immobilienrecht und Vorsorge sind die rund 500 heimischen Notarinnen und Notare wichtige Ansprechpartner und Berater. Zwei Aspekte sind Bittner in diesem Zusammenhang besonders wichtig: „Wir sind vom Staat unabhängig. Sowohl das Berufsaufsichtsrecht, als auch das Disziplinarrecht werden von der Kammer selbst ausgeübt“. Dazu komme die Unabhängigkeit beziehungsweise die Neutralität den Parteien gegenüber. „Und wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, sofern nicht gesetzlich anders angeordnet“, erklärt der ÖNK-Präsident. Er weist weiters darauf hin, dass das Notariat zwar eine lange Tradition besitze, aber dennoch zukunftsorientiert sei. „Wir sind Vorreiter der digitalen Revolution: das digitale Testamentsregister beispielsweise gibt es seit fast 50 Jahren“, sagt Bittner. Aktuellstes Beispiel für die Vorreiterrolle ist übrigens die Möglichkeit, GmbHs auch digital gründen zu können. Dass die Blockchain-Technologie in Zukunft das Notariat ersetzen könnte, glaubt Bittner nicht. „Sie ist ein gutes Mittel, um qualifizierte Abläufe zu automatisieren“, sagt Bittner. Dennoch müsse der Mensch die letzte Instanz bleiben.