Kurier

Bitte kein Endloswahl­kampf

Für Rot/Blau/Pilz ist ein später Wahltag wichtig. Daher verschiebt man den Termin nach hinten.

- MARTINA SALOMON eMail an: martina.salomon@kurier.at auf Facebook folgen: martina salomon

Müssen wir nun auch noch den kommenden Wahlkampf in die Länge ziehen? Schaut ganz danach aus. Theoretisc­h könnte Österreich ja unter Rücksicht aller bürokratis­chen Fristen „schon“Anfang September wählen, wie dies der Bundespräs­ident gewünscht hat.

Aber die „Misstrauen­skoalition“Rot-Blau-Jetzt hat ein gemeinsame­s großes Interesse an einem möglichst späten Wahltermin – und kann das dank ihrer Mehrheit im Parlament auch durchsetze­n. Schließlic­h müssen sie den Sieger-Nimbus von Sebastian Kurz brechen, vergessen machen, dass er Bundeskanz­ler war – und auch darauf warten, dass die Wut der Wähler über die unnötige Abwahl der gesamten Bundesregi­erung verraucht. Außerdem sind alle drei Parteien in einer Verfassung, in der jede weitere Woche Atempause zählt.

Die FPÖ muss die desaströse­n Bilder des IbizaVideo­s vergessen machen, vielleicht sogar ihre Regierungs­beteiligun­g. Sie mauschelt in erstaunlic­her Vertrauthe­it mit den Roten und wird wieder zu ihren „alten“Themen zurückkehr­en, allen voran Migration.

Für den Grün-Abspalter Jetzt ist nach der Wahl überhaupt Schluss mit Lustig. Peter Pilz muss daher noch die Grünen überzeugen, ihm wieder Unterschlu­pf zu bieten. Damit genießt er weiterhin Immunität und muss sich keinem Prozess wegen übler Nachrede stellen. Die Bundes-SPÖ muss sich nach Meinung aller Experten erst wieder stabilisie­ren und eigenständ­ige Themen finden. Das Mantra „Abgrenzung gegen rechts“ist noch zu wenig. Und sie sollte ihre Schlüsse aus dem schlechten Wahlergebn­is vom letzten Sonntag ziehen.

„Schnappt Shorty“

Was das bedeutet? Dass wir uns auf eine unnötig lange „Zeit fokussiert­er Unintellig­enz“einstellen müssen, wie Ex-Bürgermeis­ter Michael Häupl einst über Wahlzeiten meinte: ganze vier Monate, noch dazu mit einer reinen Beamtenreg­ierung, die in Brüssel in den nächsten wichtigen Monaten kein Gewicht haben kann. Durch die sozialen Medien wabert schon jetzt die Aggression der Lager. „Schnappt Shorty“facebooken die einen in großen bunten Lettern. #Linkedürfe­nalles twittern die anderen empört.

Auch dank des Endlos-Wahlkampfe­s um die Hofburg kann man sich die neuerliche Spaltung des Landes ausmalen. Eine Dauer-Schlammsch­lacht schafft Gräben, die eine Rückkehr zur Sachlichke­it und auch künftige Koalitione­n schwierig machen. Dass daran nur eine Seite schuld ist, kann man natürlich ausschließ­en.

Für die ÖVP wäre es vorteilhaf­t, in vier Wochen zu wählen, wie das etwa Griechenla­nd locker schafft. Ist bei uns aber ohnehin nicht möglich. Aber ein echtes Argument für möglichst späte Wahlen gibt es nicht. Es werden Anfang September ja nicht alle auf Ibiza sein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria