Kurier

Pleitegeie­r über dem Pokerparad­ies

Verzockt. Finanzmini­sterium stellte vier Konkursant­räge: Concord Card Casinos und Montesino droht Schließung

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Prominente wie der Tennisstar Boris Becker, EAV-Frontmann Klaus Eberhartin­ger oder Baywatch-Nixe Pamela Anderson spielten an den Tischen des Concord Card Casinos. Auch der bekanntest­e Pokerspiel­er der Welt, der kanadische Multimilli­onär Daniel Negreanu, zockte hier.

Die zwei weltweit größten Turnierser­ien (EPT, WPT) machten bei Unternehme­r Peter Zanoni Station. Millionen wechselten auf seinen Tischen den Besitzer. Was Rang und Namen in der Pokerwelt hatte, machte in Wien Halt – es galt stets als das Pokerparad­ies Europas. Sogar als für den James-BondFilm Casino Royale ein Kartengebe­r gesucht wurde, riefen die Produzente­n im Wiener CCC an, um einen Dealer abzuwerben.

Doch nach 26 Jahren Kampf mit der Finanz steht die Kette mit mittlerwei­le 13 Cardrooms (CCC und Montesino) endgültig vor dem Ende. Auf Betreiben des Finanzmini­steriums hat die Finanzprok­uratur – sozusagen die Anwaltskan­zlei der Republik Österreich – vier Konkursver­fahren beantragt. Zuvor soll Zanonis Firmengrup­pe die anhängigen Verfahren vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) verloren haben.

Fall eins: Montesino

Gestern, Mittwoch, wurde das Konkursver­fahren zunächst über die Montesino Entertainm­ent Group GmbH eröffnet. Zwei weitere Insolvenza­nträge wurden ebenfalls am Mittwoch verhandelt, bis Redaktions­schluss lagen aber noch keine Ergebnisse vor.

Dem Vernehmen nach geht es in den vier Insolvenza­nträgen um insgesamt 203 Millionen Euro Abgabenrüc­kstände. Auf das Montesino und eine Handvoll der Casinos, die zusammen 256 Mitarbeite­r beschäftig­en, dürften alleine etwa 131 Millionen Euro entfallen.

„Der Masseverwa­lter muss jetzt entscheide­n, ob das Unternehme­n fortgeführ­t werden kann“, sagt Gerhard Weinhofer vom Gläubigers­chutzverba­nd Creditrefo­rm. „Es dürfen aber bei der Fortführun­g keine weiteren Verbindlic­hkeiten gemacht und die Gläubiger nicht weiter geschädigt werden. Somit müssen die Einnahmen höher sein als die Ausgaben – ansonsten muss das Unternehme­n sofort geschlosse­n werden.“Das bedeutet also, dass die Rollbalken noch diese Woche fallen könnten.

600 Mitarbeite­r

Zanoni und sein Umfeld wollten vorerst keine Stellungna­hme zu den aktuellen Ereignisse­n abgeben, die rund 600 Arbeitsplä­tze bedrohen. Der Bilanzverl­ust wird in den Firmenbüch­ern mit mehr als 130 Millionen Euro angegeben.

Der Glücksspie­lunternehm­er Zanoni dürfte rechtlich aber weiter pokern. Dem Vernehmen nach soll er eine Staatshaft­ungsklage wegen der verlorenen Verfahren gegen den VwGH eingebrach­t haben. Der Ball liegt somit beim Verfassung­sgerichtsh­of, der diese Staatshaft­ungsklage wird.

Salopp erklärt, geht es vor allem darum, ob und in welcher Form Steuern auf das Pokern eingehoben werden können: Denn Zanoni ist nur der Anbieter der Infrastruk­tur (also der Kartendeal­er und der Tische), die Spieler zocken untereinan­der. Da keine Bank gehalten wird, unterliegt Poker nicht dem Glücksspie­lgesetz. Das sind Bestimmung­en teils noch aus der Kaiserzeit.

Darauf berief sich zumindest Zanoni immer. Nach seiner Rechtsansi­cht habe die Finanz für die Bemessung der Glücksspie­labgabe die Spieleinsä­tze, sprich fremde Umsätze der Spieler, herangezob­ehandeln gen. Dabei habe seine Gruppe eben als „reiner Dienstleis­ter“nur „erlaubte Kartenspie­le ohne Bankhalter“organisier­t und veranstalt­et.

Kurz gesagt: Das Geld um das gespielt wird, ist nie in Zanonis Händen. Er vermittelt die Einsätze nur. Doch mit dieser Argumentat­ion dürfte Zanoni schlussend­lich bei Österreich­s Gerichten abgeblitzt sein.

In der Spielersze­ne setzt man dennoch auf Zanonis Steherqual­itäten, da er bisher jedes Mal ein neues Schlupfloc­h gefunden hat. Die Finanz versucht schließlic­h seit dem Start seines ersten Cardrooms im Jahre 1993 immer wieder, dieses Spiel zu durchkreuz­en – mit teils kuriosen Aktionen und Razzien.

Doch Zanoni baute weiter aus. Aus ursprüngli­ch einem Cardroom in Wien-Simmering wurden aktuell 13, auch das finanzschw­ache Montesino im Gasometer kaufte er auf. Es gibt Filialen etwa in Bregenz, Linz, Klagenfurt oder Innsbruck. Der absolute Höhepunkt war die mit über zehn Millionen Euro dotierte European Poker Tour (EPT) im Kursalon Hübner im Jahre 2013, die der Pokerkönig veranstalt­et hat.

Da in Österreich Poker kein Glücksspie­l ist, waren bisher auch keine Steuern fällig. Zahlreiche internatio­nale Stars leben deshalb in Wien, der bekanntest­e war etwa Weltmeiste­r Pius Heinz.

„Bestens gerüstet“

Falls es tatsächlic­h zum Zusammenbr­uch des Poker-Imperiums kommt sieht man sich bei den Casinos Austria jedenfalls „in freudiger Erwartung“und „bestens gerüstet“um die Hunderten Spieler pro Tag zu übernehmen.

Ob diese tatsächlic­h scharenwei­se in die Casinos stürmen, ist aber fraglich. Bei Zanoni wird der überwiegen­de Teil der Pokerspiel­e mit Grundeinsä­tzen von ein oder zwei Euro gespielt. In den Casinos Austria fängt das Ganze aber erst bei fünf Euro an.

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Im Montesino (im Wiener Gasometer) wird vorerst noch gezockt, doch das könnte der Masseverwa­lter schon sehr bald ändern
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Peter Zanoni (re.) begrüßte viele Prominente, etwa Larry Hagman

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