Kurier

EU-Staaten stehen weiter auf der Bremse für Verhandlun­gen mit Tirana und Skopje

- – ULRIKE BOTZENHART

Auf dieses Déjà-vu hätten Albaner und Nordmazedo­nier gern verzichtet: Am Dienstag vertröstet­en die 28 EU-Staaten die beiden Balkan-Länder erneut. Das erhoffte grüne Licht für den Beginn von EU-Beitrittsg­esprächen gab es – wie schon vor einem Jahr – wieder nicht. Nun soll im Oktober die Entscheidu­ng der EU fallen.

Im Vorjahr hatten die EUStaaten von Albanien und Nordmazedo­nien Reformen eingemahnt. Und die beiden Länder haben sich redlich bemüht, die Liste abzuarbeit­en. Albanien ging trotz aller Widerständ­e die Reform der Justiz und Polizei an und nahm sämtliche Richter auf Korruption unter die Lupe. Nordmazedo­nien (vormals Mazedonien) konnte trotz aller Schwierigk­eiten den hitzig geführten Namensstre­it mit Griechenla­nd beilegen .

Blockade. Glaubwürdi­gkeit

Sie hätten „ihre Hausaufgab­en erledigt“, konstatier­ten auch einige EU-Politiker am Dienstag. Dem sollte Rechnung getragen werden, sagte der deutsche Europastaa­tssekretär Michael Roth: „Die Europäisch­e Union darf keine Glaubwürdi­gkeit verlieren.“Doch ausgerechn­et an Deutschlan­d liegt es offiziell, dass sich die Balkanstaa­ten erneut in Geduld üben müssen: Der Bundestag habe nicht genügend Zeit gehabt, sich mit den Fortschrit­tsberichte­n zu befassen, und werMONTENE­GRO de Ende September darüber abstimmen, bedauerte Roth.

Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg drängte am Dienstag auf die „frühestmög­liche Aufnahme der Beitrittsv­erhandlung­en“– und zwar noch heuer: „Nordmazedo­nien hat alles richtig gemacht, auch Albanien hat seine Hausübunge­n gemacht, und wenn jetzt die Europäisch­e Union die Achsel zuckt oder die kalte Schulter zeigt, wäre das ein desaströse­s Signal für die Region.“

Österreich­s Regierunge­n haben sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n stets für den Balkan starkgemac­ht. Vor allem Frankreich und die Niederland­e scheuen hingegen vor einer neuerliche­n Erweiterun­g der EU zurück. Doch schon jetzt mischen China, Russland, die USA, die Türkei und Saudi-Arabien in der Balkan-Region mit.

„Ein paar Monate mehr KOSOVO SERBIEN

Zeit löst kein Problem, gefährdet aber die Entwicklun­g Nordmazedo­niens“, warnte Milan Nic, Balkan-Experte der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik. In Griechenla­nd wird bei den Wahlen am 7. Juli der Sieg der Konservati­ven erwartet. Diese dürften dann unter großem Druck stehen, das Abkommen mit Skopje aufzukündi­gen und erneut ein Veto gegen EU-Beitrittsg­espräche einzulegen.

In Albanien sieht Nic die Gefahr, dass Tirana zu dem Schluss kommt, dass Muslime in der EU nicht erwünscht sind: „Dann werden wir sehen, dass das Projekt eines Großalbani­ens volles Tempo aufnehmen wird.“Denn nur mit der Nationalis­mus-Karte und einer möglichen Vereinigun­g mit dem Kosovo könne sich dann Premier Edi Rama an der Macht halten, so Nic.

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