Kurier

Klima und Kandidaten – Lostage

EU-Gipfel. Für Kanzlerin Bierlein gibt es heute in Brüssel keinen sanften Start. Sie entscheide­t gleich mit, über Kandidaten der fünf Topjobs in der EU und den künftigen Kurs in Richtung Klimaneutr­alität.

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Die Lage ist verzwickt: Eigentlich hatten sich die europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs vorgenomme­n, heute Abend bei ihrem Gipfeltref­fen in Brüssel einen Nachfolger für EU-Kommission­spräsident­en Juncker zu präsentier­en. Doch für das wichtigste Amt in der EU gibt es zwar viele Kandidaten – aber keinen Favoriten. Und damit wohl auch noch keine Entscheidu­ng.

Unter den 28 Regierungs­chefs sind die Fronten verhärtet – und mitten hinein in den tobenden Machtkampf stößt heute auch Österreich­s neue Regierungs­chefin Brigitte Bierlein. Bei ihrem ersten EUGipfelau­ftritt wird die Kanzlerin zumindest eine Vorentsche­idung treffen müssen: Entweder für den deutschen EVP-Spitzenkan­didaten Manfred Weber, für den sich ihr Vorgänger, Altkanzler Sebastian Kurz, massiv in die Bresche geworfen hatte. Oder – eher unwahrsche­inlich – für den sozialdemo­kratischen Spitzenkan­didaten Frans Timmermans oder die Liberale EU-Kommissari­n Margrethe Vestager. Oder für einen der anderen Namen, die immer wieder fallen: von BrexitVerh­andler Michel Barnier bis zur bulgarisch­en Ex-EU-Vizekommis­sionspräsi­dentin Kristalina Georgiewa. Vor ihrer Ankunft hatte die Kanzlerin noch keinen speziellen Kandidaten vor Augen.

Im Kreis der 28 Staatsund Regierungs­chefs zählt Bierleins Stimme so viel wie jede andere – eine Mehrheit für einen Namen genügt. Nur: Die ist nicht in Sicht, zumal sich fast ein Dutzend der EU-Granden hinter Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron stellt. Der liberale Staatschef feuert aus allen Rohren gegen den EVP-Mann Weber: Zu politisch leichtgewi­chtig sei der Bayer und ohne Regierungs­erfahrung.

Mehrheit gesucht

Nicht einmal im EU-Parlament, das den künftigen EUKommissi­onschef wählen muss, hat Manfred Weber bisher eine Mehrheit hinter sich scharen können. Das Problem aber ist: Gegen den Willen der Europäisch­en Volksparte­i lässt sich kein Kandidat durchsetze­n. Und so wird nun nach alter Tradition doch wieder hinter verschloss­enen Türen geschacher­t und gezerrt, so lange, bis ein Kompromiss­paket ausgehande­lt ist.

Denn gesucht wird in diesen entscheide­nden Tagen für die EU nicht nur ein neuer Chef für die Kommission. Zu bestimmen gilt es auch neue Präsidente­n für den Europäisch­en Rat (das Gremium der Staats- und Regierungs­chefs), das Europäisch­e Parlament und – besonders heikel – für die Europäisch­e Zentralban­k (EZB). Auch ein Nachfolger für die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini muss gekürt werden. Und inmitten dieser Machtarith­metik soll alles sorgsam austariert sein: Geschlecht, Parteienfa­milie, Nationalit­ät.

Die Zeit drängt

Bei all dem Tauziehen um die mächtigste­n Jobs in der EU wird die Zeit knapp: Noch ehe sich das EU-Parlament am 2. Juli neu konstituie­rt, müsse über die Topjobs entschiede­n sein, verlangt Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel. Denn dann wird bereits der neue EU-Parlaments­präsident gekürt. Erstmals könnte das Amt an die Grünen gehen – und dabei fällt auffällig oft der Name der jungen deutschen EU-Abgeordnet­en Ska Keller.

Klimawande­l

Der gewaltige Auftrieb für die Grünen bei der EU-Wahl wird sich auch heute beim EU-Gipfel niederschl­agen. In einer Art Fünf-Jahresplan wollen die Staats- und Regierungs

 ??  ?? Hitze und Dürre: Der Kampf gegen den Klimawande­l ist eines der Haupttheme­n des EU-Gipfels
Hitze und Dürre: Der Kampf gegen den Klimawande­l ist eines der Haupttheme­n des EU-Gipfels

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