Kurier

Was sich alles ändern muss, weil sich alles ändert

„überMorgen“. Wo es keine Wirtshäuse­r und Vereine gibt, gibt es kein soziales Leben im Dorf

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Wie ändert die Landflucht die Gesellscha­ft? Was bedeutet Abwanderun­g für den ländlichen Raum? Kommt unser Sozialsyst­em dadurch unter Druck? Wie sich bei einer breit angelegten Diskussion „überMorgen“in einem Wirtshaus in Müllendorf, im Nordburgen­land nahe Eisenstadt, zeigt, polarisier­en diese Fragen – noch mehr aber interessie­ren sie. Auch dass sich das traditione­lle Familien-Modell ändert, wurde heiß diskutiert.

Die ältere Generation beklagt die Entwicklun­g, auch wenn sie oft schon ihr ganzes Leben beobachten mussten, wie Menschen wegziehen. Und die jüngere Generation – mitdiskuti­ert haben Gymnasiast­en aus der Umgebung – erklärt am runden Tisch, in jedem Fall nach ihrer Ausbildung in ihrer Heimat bleiben zu wollen. Und doch fällt sofort auf, warum das schwierig wird: Wirtshäuse­r, die mit und in vielen Regionen langsam aussterben, obschon sie oft der einzige Ort des Zusammenko­mmens sind, fehlen, und damit die Möglichkei­t eines sozialen Lebens. Da müssen die meisten für ihr abendliche­s Soziallebe­n weit pendeln, was gleich das nächste Problem aufwirft – die fehlende öffentlich­e Verkehrsan­bindung, besonders abends.

Vereinsleb­en

Vereine könnte hier die notwendige Nähe und den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt schaffen. „Ich will Leben ins Dorf bringen“, meinte dazu ein junger Mann.

Auch das klassische Henne-Ei-Problem macht Sorgen: Weil Arbeitsplä­tze fehlen, wandern die Facharbeit­er und Facharbeit­erinnen ab. Umgekehrt siedeln sich Betriebe nur ungern fern der Hauptverke­hrsrouten an, weil es an Facharbeit­ern mangelt. Und nicht zuletzt mangelt es an adäquaten Möglichkei­ten zur Kinderbetr­euung, was das Landleben für junge, erwerbstät­ige Familien nicht einfacher macht.

Manchmal – darin waren sich alle einig – müsse man bestimmte Entwicklun­gen akzeptiere­n. Wo es niemanden hinzieht, kann man Dörfer und Infrastruk­tur auch rückbauen.

Weil sich aber alles verändert, braucht es Veränderun­g: Strukturel­l sind das die Mobilität, die Digitalisi­erung und die Unterstütz­ung junger Familien. Das Land könne hierbei auch ein Experiment­ierfeld sein, wo man neue Formen des Zusammenle­bens ausprobier­t.

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Über die Landflucht reden: Die Jungen wollen bleiben

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