Kurier

„Dann ist er kaum zu schlagen“

Trumps Chance auf Wiederwahl. Für US-Politikstr­ategen entscheide­t Konjunktur die Wahl 2020

- VON KONRAD KRAMAR

Sogar Hillary Clinton bekam ihren kurzen Auftritt. Noch einmal kramte Donald Trump die längst ad acta gelegten Attacken auf seine einstige demokratis­che Mitbewerbe­rin heraus. Ließ seine Anhänger wie einst im Wahlkampf 2016 ihren Schlachtru­f brüllen: „Lock her up“(„Sperrt sie ein“).

Die alten Feindbilde­r, die alten Phrasen, die alten Verspreche­n: Donald Trump startete am Dienstag in Florida offiziell in einen Wahlkampf, der strategisc­h exakt gleich angelegt scheint wie sein erster. Wieder geht es gegen die Elite in Washington, die die aufrechten Amerikaner berauben würde, und natürlich gegen die Flut von illegalen Einwandere­rn, die nur er stoppen könne, wenn man ihn endlich die Mauer bauen ließe.

Zornig und enttäuscht

„Man sollte nicht nur darauf hören, was Trump sagt“, zeigt sich der prominente US-Meinungsfo­rscher Frank Luntz unbeeindru­ckt vom ersten Wahlkampfg­etöse: „Man muss seinen Wählern zuhören – und die haben noch immer dieselbe Grundstimm­ung wie vor vier Jahren: Sie sind zornig, enttäuscht und fühlen sich verraten.“

Seit 20 Jahren macht Luntz vor allem für die Republikan­ische Partei Meinungsfo­rschung und Wähleranal­ysen und entwickelt daraus politische Strategien. Dass er trotzdem keine politische Propaganda, sondern klare mit Fakten unterfütte­rte Analysen abliefere, erklärt er auch bei seinem Besuch in im Amerikahau­s in Wien: „Keiner hat was davon, wenn ich die Lage schönrede.“

Alles spricht für Sanders

Und die Lage für Donald Trump ist zu Beginn dieses Wahlkampfe­s nicht einfach. Viele der älteren Wähler, die ihre Stimme 2016 vorrangig Trump gegeben haben, sind weggestorb­en, die jungen, die nachgerück­t sind, tendieren klar zu den Demokraten. Dort finde derzeit ein Wettlauf nach links statt. Luntz Umfragen zeigen, dass sich bei den Demokraten eine klare Mehrheit für Sozialismu­s und gegen Kapitalism­us entscheide­t. Das mache den Parteilink­en Bernie Sanders zum klaren Favoriten für die Präsidents­chaftskand­idatur.

Trump aber gäbe das die Chance, den Demokraten Wähler in der politische­n Mitte abzuluchse­n – und das vor allem in dem Teil der USA, der die letzte Wahl für ihn entschiede­n hat: Der „rust belt“, die alten kriselnden Industries­taaten im Nordosten des Landes.

Was ihm dort Rückenwind gibt, ist schlicht die Wirtschaft­slage. Die USWirtscha­ft brummt seit Jahren, und Trump hat diesen Boom mit seiner unternehme­rfreundlic­hen Steuerrefo­rm noch beschleuni­gt.

Sogar in den „rust belt“Staaten ist die Arbeitslos­igkeit stark gesunken und die Löhne steigen. „Wenn der Boom anhält in den nächsten 15 Monaten, dann ist er kaum zu schlagen“, lässt sich Luntz von Trumps derzeit mäßigen Umfragedat­en nicht beeindruck­en. Der Unmut der Menschen sei nämlich in beiden politische­n Lagen zu verorten. Es ist ein diffuser Unmut, der sich, wie Luntz Daten deutlich machen, so ziemlich gegen alles richtet. Für einen gewieften Populisten wie Trump also leicht abzuholen. Im Wahlkampf-Modus befinde er sich ja ohnehin ständig, also könne er den Unmut auch nach vier Jahren als Präsident immer noch für sich nützen: „Populismus ist eine ganz schrecklic­he Art zu regieren. aber es ist ein sehr gutes Mittel, Wahlen zu gewinnen.“

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Wie Trump sich am wohlsten fühlt, im Wahlkampf-Modus, auch wenn die Umfragen schlecht sind

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