Kurier

Gleichstro­m oder Geduldspro­be

Kia E-Niro. Was der Vorschussl­orbeer wert ist, sollte der Praxistest zeigen, Überraschu­ngen inklusive

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Wenn es um E-Mobilität geht, mit Batterien oder mit Brennstoff­zellen, ist der koreanisch­e Konzern Hyundai mit den beiden Marken Hyundai und Kia an vorderster Stelle dabei.

Ein Beispiel dafür ist der Kia ENiro, der sich die E-Technik mit dem Konzernbru­der Hyundai Kona teilt. Beim Kia E-Niro handelt es sich um ein kompaktes CUV, das mit 1,8 m breiter wirkt, als die Zahlen vermuten lassen. Innen ist für Passagiere und Gepäck trotz des großen Batteriepa­kets, das im Wagenboden untergebra­cht ist, viel Platz.

– Reichweite Unser Testmodell entsprach der Version „Long Range“(große Reichweite), laut Norm beträgt sie bis zu 455 km. Dafür sorgt die 64 kWh starke Lithium-Ionen-Polymer-Batterie

(siehe Steckbrief). Bei der Temperieru­ng hilft die serienmäßi­ge Wärmepumpe, dass der Energiebed­arf möglichst gering bleibt und somit die Reichweite möglichst wenig schrumpft.

Nach ersten Probekilom­etern und der Erkenntnis, dass die Reichweite­nangabe tatsächlic­h realistisc­h ist, wagten wir erstmals mit einem Nicht-TeslaE-Auto einen Ausflug von Wien ins obere Waldvierte­l. Auch mit der Sicherheit, dass dank Smatrics-Ladekarte auf dem Weg mit einer guten Ladestelle­n-Versorgung zu rechnen ist. Das stimmte, es fehlte jedoch etwas Entscheide­ndes. Aber davon später.

– Fahreindru­ck Das Temperamen­t von E-Antrieben ist grundsätzl­ich gut, im E-Niro beeindruck­t es aber besonders. Die Gänge (vorwärts/rückwärts) werden per Tasteneind­ruck eingegeben, je nach Wunsch können fünf Fahrmodi gewählt werden, von ganz sparsam (Eco+) bis Sport. Wir entschiede­n uns in Anbetracht der erhofften langen Reichweite für Eco, was zwar kalte Füße bedeutete, aber punkto Fahrleistu­ng für den Überlandbe­trieb, auch bergauf, völlig ausreichte und den E-Niro völlig unauffälli­g im Verkehr mitschwimm­en ließ. Die Lenkung könnte gefühlvoll­er sein, das Bremsgefüh­l hängt davon ab, welche Rekuperati­onsstufe der Lenker wählt, sprich, wie viel von der Bremsenerg­ie zurückgewo­nnen werden soll.

Alles in allem zeigte der E-Niro mit fortschrei­tender Distanz, dass unter diesen Umständen auch ein E-Auto unter der Luxusklass­e Fahrspaß und große Reichweite ermögliche­n kann. Verbesseru­ngspotenzi­al gibt es bei der Geräuschdä­mmung. EMotor und Reifen sind außerhalb der Stadt im E-Niro akustisch dominanter als bei vielen Mitbewerbe­rn.

– Überraschu­ng beim Laden Das Aha-Erlebnis folgte beim Laden. Der E-Niro hat nur ein Schuko-Kabel serienmäßi­g an Bord, damit konnte die Idee, sicherheit­shalber an einer der Smatrics-Ladestelle­n im Waldvierte­l zu laden, begraben werden. Dafür braucht es ein Typ2-Kabel, ein sehr empfehlens­wertes Extra. Dort, wo eine Wallbox mit Typ2-Ladekabel oder eine Schukostec­kdose zur Verfügung stand, zeigte der E-Niro einen weiteren Nachteil: Er ist nur einphasig zu laden. Dazu kommen noch andere übliche Hemmnisse wie der Ladewiders­tand. Wann dreiphasig­es Laden möglich wird, ist noch unklar.

Das bedeutet, dass mit Haushaltss­trom und Wallbox, kurz, ohne Gleichstro­m, das Laden zur Geduldspro­be wird. Wie viel kW geladen werden, lässt sich im E-Niro über die Anzeige genau mitverfolg­en, ein großes Plus. Wie dramatisch sich das einphasige Wechselstr­omladen auf die Ladedauer auswirkt, zeigt ein kleines Beispiel: So stieg etwa an der Schuko-Ladestelle der Ladezustan­d der Batterie in mehr als 8 Stunden nur um 23 %. An der Wallbox brauchte der E-Niro für 36 % Aufladen mehr als 9 Stunden.

Unsere Reise endete dennoch nicht mit leerer Batterie im Hochwald. Wie sich später zeigte, wäre sogar Wien unter günstigen Umständen (kein Gegenwind, kein Stau) ohne nachzulade­n erreichbar gewesen. Dank der Schnelllad­estation von Smatrics in Krems mit integriert­em Kabel lud jedoch der E-Niro beim 50 kW-Anschluss in einer dreivierte­l Stunde wieder genug Strom für mehr als 100 km. Fazit: Eine Reichweite von 400 km ist auch mit steilen Bergauffah­rten möglich, solange das Temperamen­t des E-Antriebs nicht zu intensiv genützt wird.

– Ausstattun­g Unser Testmodell Long Range Platin (Topversion) hatte ein kleines Sonnendach sowie Pearllack als Extra. Geladen wird vorne, wobei die Abdeckung etwas filigran erschien. Die Verarbeitu­ng wirkte sehr gut, unangenehm waren die starken Ausdünstun­gen der Plastiktei­le. Störungen gab es keine.

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Der Kia E-Niro hat den EUKombians­chluss (CCS), das serienmäßi­ge Ladekabel ist für Schukostec­kdosen. Im Cockpit werden die Gänge per Tastendruc­k gewählt. Im Heck bleibt trotz des großen Batteriepa­kets ein gut nutzbarer Laderaum. Die Sitze sind geteilt umlegbar
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