Gezerre um die Juncker-Nachfolge
Brüssel. Kanzlerin Brigitte Bierlein ist beim Polit-Poker der EU-Granden erstmals dabei – undwartet vorerst ab
DieTürensindzu, derHandyempfang wird blockiert, alle Berater müssend raußenbl eiben. KeinTweet,k eine Nachricht und kein Gerücht sollte nach außen dringen, als die 28 europäischen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag nachmittag am Runden Tisch des Brüssel er Europa-Gebäudes Platz nahmen. Zum ersten Mal mit dabei: Österreichs neue Kanzler in BrigitteBi erle in–und im Kreis der EU-Granden auf sich allein gestellt. Auf hilfreiche Einflüsterer aus ihrem Team konnte die N eo-Regierungschefin beiden Gipfel beratungen nicht rechnen.
Auf die erst vor drei Wochen an gelobte Regierungschefin wartete dabei eine große Herausforderung: Es gilt ein Personalpaket für die fünf wichtigsten Posten inder EU zuschnüren. Die Präsidentenposten von EU-Kommission, des Rates( Gremium der Staats- und Regierungschefs), des EU-Parlaments und der Europäischen Zentralbankso wieder Job des EU Außen beauftragten müssen neu besetztwerden.
Suche nachMehrheiten
Sie gehe „ergebnisoffen“in die Gespräche, sagte Bierlein bei ihrem ersten internationalen Aufritt in Brüssel und vermied dabei sorgsam, auch nur einen Namen zu nennen. Eine Einigung erwartete sich Bierlein gestern nicht. Doch sie deutete an: Sobald sich eine Mehrheit für einen Kandidaten zunächst für den Job des EU Kommissions präsidenten abzeichne, werde sie sich dem anschließen.
Zunächst aber blieb alles vertrackt– beiderSuchenach einem Nachfolger für Kommissionschef Jean-Claude Juncker war weiter keine Mehrheit für niemanden absehbar. Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stemmten sich rund zehn Regierungschefsge gen denEVP- Spitzen kanidaten Manfred Weber. Macron spricht dem Bayern dieFähigkeit ab, dieKommission zu führen. Und das vom EU-Parlament forcierte System der Spitzen kandidaten, wonach nur ein Spitzenkandidateiner europäischen Parteien familie die neue Kommission führen darf, bezeichnete der französische Präsident kühl als„ Fiktion “.
Merkel gegenMacron
Dem hielt wiederum die auf Ausgleich bedachte deutsche Kanzlerin Angela Merkel entgegen: Die EU-Regierungschefs müssten schon auf einen Vorschlag kommen, derauchfürdasEU-Parlament annehmbar sei. Denn gewählt werden muss der neue, wichtigste Mann oder die neue wichtigste Frau Europas von einer Mehrheit der EU-Abgeordneten. Merkel dämpfte demonstrativ die Erwartungen an diebe vorstehende V er handlungsn acht.„ Es wäre„ nicht so sehr bedrohlich“, wenn noch keine Entscheidungen fallen würden. „Wir haben noch ein paar Tage Zeit.“
Merkel unterstützt ihren Landsmann Manfred Weber, während sich Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sanchez für den niederländischen Parteifreund und EU Vize kommiss ions präsidenten Fr ansTi mm erm ans in die Breschewirft. Der niederländische Premier Mark Rutte wieder umbringt die liberale dänische E UMargrethe Vestager ins Spiel.
Klimaziel 2050 verfehlt
Mehr Geschlossenheit herrschte beim Thema Klimaschutz: Die gemeinsamen Maßnahmen der Europäer müssten massiv verstärkt werden, warmansichamersten Gipfeltag einig.
Doch das angepeilte Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, konnte gestern nicht verbindlich festgeschrieben werden. Das Datum für den Umbau der europäischenWirtschaft verschwand in eine Fußnote der Gipfelerklärung. Polen, Ungarn, Tschechien und Estland legten gegen sich eine derartige Festlegung quer. Klimaneutralität bedeutet: Die meisten Treibhausgase werden eingespart, der Rest muss ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung.