Siewill ein Smartphone
Meine Tante war 35 Jahre alt, als die weltweit erste Nachricht übers Internet verschickt wurde. Das war 1969. DerComputer desEmpfängers ist vor lauter Schreck gleich abgestürzt. 20Jahrespäterhatten gerade einmal 100.000 Nerds einen Webzugang. Meine Tante gehörte nicht zu diesem Kreis. Technik im Allgemeinen und Smartphones im Speziellen habensie nie interessiert. Bis jetzt.
Gestern ruft sie mich an. Sie will jetzt „eine moderne Frau“werden, verkündet sie. Sie will ein Smartphone. Und das, obwohl sie bisher nicht einmal einenComputer hatte. Icherstarre vor Schreck. Mein Vater hat seit zwei Jahren ein Smartphone. Ich rufe ihn oftzwei, dreiMalhintereinander an, bis er endlich abhebt. Fluchend, weil dieses „depperte Handy“schon wieder „spinnt“. Das passiert nur, wenn ich anrufe. Liegt also ganz klar an meiner Art anzuklingeln. Sicher nichtan seiner Art, den Touchscreen des Handys zubedienen, folgert er.
Die erste WhatsApp-Nachricht vom Schwiegervater war auch spannend: „Whiskey Washington“. Auf dieFrage, wasdas füreinGeheim-Codeist, kamkeine Antwort. Den ganzen Abend nicht. Tags darauf hat er abgestritten, überhaupt etwas geschrieben zu haben. Wie auch?! Er weiß ja nicht mal, wie das geht. Klingt logisch. Daerambesagten Abend allein Zuhause war, gehen wir davon aus, dass Außerirdische mit uns Kontakt aufnehmenwollten.
Meine Tante will solche Geschichten nicht hören. Täglich werden 280 Milliarden Nachrichten im Internet verschickt. Würde jemand Donald Trump das Handy wegnehmen, wären es deutlich weniger. Meine Tante sagt, wenn dieser vernunftbefreite Präsident Nachrichten schreiben kann, wird sie das ja wohl auch noch lernenkönnen.
Argumentieren kann sie. Jetzt steigt sie mit 85 Jahren ins Internetzeitalter ein.
Andere schalten mit 75 einfachdas Internet aus. Sowieeine Georgierin. Sie wollte Kupfer sammeln und hat dabei zufällig ein Glasfaserkabel nahe Tiflis zerstört. Ganz Armenien war stundenlang offline.
simone.hoepke@kurier.at