„Wien soll Taxi-Sharing erlauben“ INTERVIEW
Verkehr. Geteilte Fahrtenwürden dieKosten für dieKunden senken, schlägtMytaxi-Chef Eckart Diepenhorst vor
Vergangene Woche wurde imParlament das Einheitsgewerbe für Taxi und Mietwagen auf den Weg gebracht. Seitdem gehen die Wogen hoch. Die traditionellenTaxiFunkzentralen jubeln, Uber hat mit Rückzug gedroht. Die europäische Taxi-App Mytaxi – die sich am 2. Juli in Free Now umbenennen wird – wittert ihre Chance. Ein Gespräch mit NochMytaxi-Geschäftsführer (CEO) Eckart Diepenhorst.
KURIER: Herr Diepenhorst, warum wird Mytaxi zu Free Now? Eckart Diepenhorst: Wir hören auf, reiner Taxi-Anbieter zu sein. Am Ende geht es für den Kunden ja nur darum, vonAnachBzukommen. Dazu muss nicht immer eine Tonne Stahl bewegt werden. Das kann auch mal ein EScooter sein. Deshalb bieten wirkünftigverschiedeneFormen der Mobilität an.
Sie meinen den E-Scooter-Anbieter Hive, eine Schwestergesellschaft von Ihnen, die es seit April in Wien gibt. Wann soll diese eingegliedert werden? DaswirdinwenigenMonaten der Fall sein.
Bleiben wir noch beim Taxi. In Österreich sollen Taxi und Mietwagen ein Gewerbe werden: Was halten Sie davon? Das ist zwar sehr begrüßenswert, weil endlich Wettbewerbsgleichheit hergestellt wird. Wir haben ja von Anfang an (anders als Uber, Anm.) mit lizensierten Taxis gearbeitet, weilestiefinunserer DNA ist, im Einklang mit dem Gesetz zu arbeiten.
Aber ...?
Gleichzeitig ist Flexibilität in Tarifkonstrukten unbedingt notwendig. Auchumverschiedene Zielgruppen bedienen zu können. Eines unserer Vorhaben ist es daher, SharingModelle zu etablieren.
In Hamburg bieten Sie seit Kurzem einen Sharing-Preis an, der unter dem Taxitarif liegt. Ja, hierhatunsdieStadtHamburg erlaubt, einen eigenen Tarif festzulegen, für Menschen, die bereit sind, ihr Taxi mit anderen zu teilen. Dieses Modell wollen wir auf die anderen Länder ausrollen.
Warum sollte die Stadt Wien dem zustimmen?
Wenn man zwei Leute in ein Autosetzt, reduziertmanden Verkehr und den Lärm. Und: Wir schaffen neue Zielgruppen. Für junge Menschen, dienachderPartysichernach Hausewollen, istesdanneine Alternative.
Derzeit dürfen in Wien Taxifahrer die Aufträge nur von einer Funkzentrale annehmen. Anbieter wie 40100 oder 30310 sind in Wien etabliert. Wie wollen Sie an mehr Fahrer kommen? Wir sind der Meinung, dass Exklusivität Quatsch ist. Das ist eine überholte, protektionistische Einstellung. Jede FormvonWettbewerb ist gut für den Kunden. In dem Fall: für den Fahrer. Wir wollen klassische Funkzentralen auch nicht vom Markt verdrängen. Wir wollen eine Ergänzung sein.
Aber der Oberste Gerichtshof hat die Exklusivität schon einmal als rechtens beurteilt.
Ja, deshalb können wir hier auchnichtsmachen. WirkönnennureinProduktanbieten, dass so gut ist, dass möglichst vieleFahrerzuunswollen. Und da können wir uns nicht beschweren.
Was heißt das konkret?
Wir sind vergangenes Jahr beidenFahrernum30Prozent gewachsen. Derzeit haben wir in Wien mehr als 1.000 Fahrer.
Warum, denken Sie, ist das so? Weil wir ein Abrechnungsmodell pro Fahrt haben. Die Fahrer können sich jeden Tag entscheiden, ob und wie lange sie fahren. SiehabendieKontrolle. Und weil wir die Nachfrage haben.
Wenn es nur mehr einen Tarif für alle gibt – wie kann man Fahrgäste anlocken?
Dort, wo Preis kein ausschlaggebender Faktor ist, geht es um Qualität, Geschwindigkeit und Sicherheit. Dabeisindwirgutaufgestellt. Wir arbeiten App-basiert. Kurzfristig weiß das System also , werwer ist. Damit ist keiner alleine.
Das ist in den Apps traditioneller Taxifunkzentralen auch schon möglich.
Schon. Aber viele werden noch sehen, dass eszwar einfach ist, eine App in drei Monaten auf die Straße zu bringen. Aberdassesschwierigist, die App besser zu machen als die anderen. Wir haben zehn Jahreoptimiert. Und: Wir sind in Europa in 100 Städten. Dadurch haben wir eine hohe Nutzerzahl. Wenn mir Dinge 1.000 Mal passieren, lerne ich mehr, als wenn mir Dinge zwei Mal passieren.
Sie sind aktuell in Wien und Salzburg aktiv. Sind weitere Markteintritte geplant? Derzeit nicht. Aber es ist unser Ziel: In den kommenden Jahren wollen wir in die größten fünf bis zehn Städte desLandes– mitTaxisundanderen Mobilitätsformen.
Apropos Mobilitätsformen: Unlängst wurde in Wien ein EScooter-Fahrer mit 73 km/h geblitzt. Sind die Menschen bereit für dieses Fahrzeug?
Ich glaube, die Leute sind bereiter als die Politik das glauben machen will. Was ich an der Diskussion schwierig finde: Dass alle Verantwortung an die gesetzgebenden BehördenunddenScooter-Lieferanten abgegeben wird. Es gibt aber eben auch eine Eigenverantwortung der Menschen. Genau wie in Autos, auf Fahrrädern oder Mopeds.
Hive hat im April als sechster E-Scooter-Anbieter gestartet. War der Markt nicht gesättigt? Es gab davor schon Kritik an den herumstehenden Rollern. Es gibt sicher die Herausforderung, was man mit Scootern macht, die im Weg stehen. Aber wir bringen viel Energie und Ressource auf, dass unsere Scooter versetzt und aufgeladen werden. Und die Frage ist auch: Wer hatdieScooterdahingestellt?
Als Erdenbürger mache ich denAppell: Reißteuchzusammen und stellt eure Scooter dort hin, wo sie hinsollen.
Welche Dienste könnten noch aufgenommen werden?
In der Mikromobilität wird sich einiges tun. Leichtbaufahrzeuge sind in Planung. Und dann gibt es den Trend in die Luft. Wie lang das dauert, wird sichweisen.