Auf Zeitreise
Dark. Die international gefeierte Netflix-Serie aus Deutschland gibt auch in der zweiten Staffel einigeRätsel auf. Anspruchsvolle Unterhaltung für Bibelfeste
Die Menschheit ist nicht erst seit der Kult-Trilogie „Zurück in die Zukunft“besessen vom ThemaZeitreisen. Davon zeugen zahlreiche Beiträge, die dieFaszinationzudiesemThema seit Anfang 19. Jahrhundert dokumentieren: H. G. Wells’ Roman „Die Zeitmaschine“(1895) steht am Anfang einer Fülle von ScienceFiction-Literatur, die das Zeitreise-Element in den Mittelpunkt der Handlung stellt.
So auch „Dark“. Die seit Ende 2017 auf dem Streamingportal abrufbare Serie lässt Winden, eine fiktive Kleinstadt in Deutschland, nicht zur Ruhe kommen. Der Grund: Ein Tunnelsystem unter einem Atomkraftwerk ermöglicht das Zeitreisen – entweder in die Zukunft oder in die Vergangenheit. Hinzu kommen konstant schlechtes Wetter, unausgesprochene Geheimnisse innerhalb der Familien, jede Menge Drama, rätselhafter Ereignisse und dubiose Gestalten, die auftauchen und wieder verschwinden.
Wohin, weiß am Anfang niemand.
Alles istmiteinander ...
Bei der Serie, die heute, Freitag, in die zweite Staffel geht, dient das Raum-Zeit-Paradoxon als kreativer Spielball für die verschachtelten und ineinander verstrickten Handlungen, die Zuseher, aber auch Schauspieler immer wieder vorneueRätsel stellt. „VonAnfang an, seit dem ersten Drehtag, schwirren immer wieder Fragen in meinem Kopf herum. Die Serie beschäftigt mich auch abseits der Dreharbeiten. Das Thema, der inspirierende Inhalt, das macht etwas mit einem“, sagt Mark Waschke, den viele als „Tatort“-Kommissar Robert Karow kennen, im KURIERInterview.
In „Dark“spielt der 47jährige Wahl-Berliner den mysteriösen, scheinbar alterslosen Priester Noah, der sichgerneinBibelzitatenausdrücktundsichwie selbstverständlichdurchdieZeitenbewegt. „Das Drehbuch von Jantje Friese und Baran bo Odar, meine Rolle und deren TexteerinnernmichanSchopenhauer, an Nietzsche, an BüchervonYuvalNoahHarari, der die Meinung vertritt, dass alles irgendwie zusammenhängt und auch politische Konsequenzen hat. Die Mischung aus tollem Storytelling und anspruchsvollem, philosophischen Inhalt ist herausragend“, schwärmt Waschke.
Mit diesem soeben angesprochenen Mix wurde die erste Staffel von „Dark“auch zum Publikumserfolg: Bereits drei Wochen nach der Ausstrahlung wurde eine zweite und – wie kürzlich bekannt wurde – eine dritte Staffel in Auftrag gegeben.
Verständlich, denn die Serie erfreut sichauchaußerhalb Deutschlands großer Beliebtheitundisteinedererfolgreichsten nichtenglischsprachige Serien von Netflix. Der große Erfolg lag auch an der behutsamen Heranführung an die nicht immer ganz leicht zu verstehende Handlung: In den ersten Folgen wurden der eher konservativ-klassische FernsehKonsument und Krimi-Fan abgeholt. Nachundnachkam dann die Sci-Fi-ZeitreiseKomponente ins Spiel – es wurde komplexer, mysteriöser und anspruchsvoller.
FürdendeutschenSchauspieler Oliver Masucci, der in „Dark“alsPolizistUlrichNielseneinetragendeRollespielt, hat der Erfolg der Serie mitunter damit zu tun, dass man sie nicht einfach nur nebenbei konsumieren kann. „Man muss aktiv zusehen, sich Szenen oftmals zwei, drei Mal ansehen, um sie zu verstehen. Man muss ständignachdenkenundmitdenken. ,Dark‘ wirft immer neue Fragen auf. Das machen andere Serien nicht.“
IndererstenStaffelbewegen sich die Zuseher auf drei Zeitebenen – in den Vergangenheit(1953,1986) undnatürlich in der Gegenwart (2019). Dadurch ergeben sich wahnsinnig viele Handlungsspielräume, zudenenin in der zweiten Staffel noch weitere hinzugefügt werden“, verrätWaschke, der als Noah, als von Gott Auserwählter, wiederdasZeitkarusselldrehenundbeeinflussen wird. Zu den bisherigen Zeitebenen gesellen sich nun noch Ausflüge ins Jahr 1921 und in eine postapokalyptische Zukunft (2052).
In letzterer ist Ende der erstenStaffel eine derHauptfiguren gelandet: Jonas, gespielt vom 22-jährigen Schauspieler Louis Hofmann, sucht in einer zerstörten und atomar verseuchten Welt nachdemAusgang – zurück ins Jahr 2019. Wirklich vorankommterbeiderSuche nach einem Ausweg nicht. „Seine Rückkehr in die Gegenwart ist ungewiss. Die Fragen werden immer mehr stattweniger. Esgibtkeinerlei SpurzudenindererstenStaffel verschwundenen Personen. Daher wird auch der Frust immergrößer“, sagt JonasHofmann.
... verbunden
Es ist beeindruckend, wie die beidenIdeengeberJantjeFriese und Baran bo Odar die Fäden der Handlung auseinander und wieder zusammenführen – ohne sich dabei zu verknoten. Dazu werden extrem starke Bilder geliefert, die von einem tollen Soundtrack (Soap&Skin liefert mit „Me And The Devil“die Titelmelodie) verstärktwerden.
„Dark“istwieeineSchatzsuche, die immer wieder neue Rätsel aufwirft. Im Zentrum steht dabei die philosophische Frage: Können die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen – oder ist jede Handlung, jede Entscheidung, ja jede einzelne Lebenslinie als solche bereits vorgezeichnet?
Egal, einfach neugierig bleiben! Die fehlenden Infos für die Lösung werden nach und nach geliefert.
„Dark“: