Heiße Tage auf der Donauinsel
Zum Festival-Auftakt treten die Rocker von Mando Diao und die Jazz Gitti auf
Die weißen Zelte, gestapelte Absperrgitter und Container habenesindenvergangenTagen erahnen lassen. Das Donauinselfest (siehe auch S.27) steht an – und zwar zum 36. Mal. Bewältigen lässt sich das mit zwei Strategien: mitfeiern oder die Stadt verlassen. 36 Gründe, warumman heuer wieder auf die Insel schauen sollte – oder das Spektakel besser ignoriert.
– 1. Wer Festival-Stimmung erleben möchte, der muss üblicherweise palettenweise Bierdosen schleppen, im Zelt nächtigen und die Körperhygiene vernachlässigen. Das Donauinselfest erspart das zumindest denWienern. – 2. Gratis ist es für alle. – 3. Ein Sommer ohne OpenAir-Konzert ist kein richtiger Sommer.
– 4. Zugegeben: Richtige Publikumsmagnete wie einst die Kelly Family fehlen. Obwohl viele der auftretenden Künstler ihren Zenit bereits überschritten haben: RamschCharakter hat das Programm auchwieder nicht.
– 5. SelbstwenndieGeschmäcker im Freundeskreis sehr verschiedensind: Aufmindestens ein Konzert kann man sich angesichts der großen Auswahl immer einigen. Und sei es aufWolfgang Ambros – wegen derNostalgie.
– 6. Falcos legendäres Konzert bei Starkregen vor rund 150.000FansimJahr1993ist mittlerweile ein nationaler Mythos. Bei jedem Donauinselfest schwingt der Geist dieses Ereignisses mit.
– 7. Unter den Künstlern beträgt der Frauenanteil bei Festivals üblicherweise 15 Prozent. Das Donauinselfest hat heuer auf 30 Prozent erhöht – und das gehört honoriert.
– 8. Nicht nur für alle MusikGeschmäcker, sondern auch für alle Altersgruppen ist etwas dabei: Hüpfburgen, Vorführungen mit Rettungshunden und Schminken für Kinder zum Beispiel.
– 9. An seine Grenzen zu gehen tut gut. Der Rodeo-Stier odereinSprungauszehnMeternHöheaufeinüberdimensionales Luftkissen bieten die Gelegenheit dazu.
– 10. DasDonauinselfestmag zwar auf manche wie ein Kirtag in der Großstadt wirken. Verkauft werden dort aber nicht nur Lebkuchenherzen, sondern am Pop-up-Markt neben der Hauptbühne auch hippe Mitbringsel wie recycelte Taschen.
– 11. Das Donauinselfest ist ein Schmelztiegel: Wo sonst feiert der Bobo aus Neubau mit dem Hausmeister aus dem Gemeindebau?
– 12. Langos, Riesenbrezel, Schnitzelsemmel: Auf der Insel sind kulinarische Sünden fast Pflicht.
– 13. EinschlechtesGewissen braucht man danach nicht zu haben. Der Schrittzähler jubiliert, denndasGeländeist 4,5 Kilometer lang.
– 14. Verglichen mit Veranstaltungen in anderen Städten funktionieren An- und Abreise relativ gut. Die Besuchermassen sind dank verdichteter Öffi-Intervalle flott abtransportiert.
– 15. Für die Schüler aus der Ost-Region ist das Donauinselfest die perfekte Gelegenheit, um den Beginn der letzten Schulwoche zu zelebrieren.
– 16. Nicht auf vielen Festivals ist die Erfrischung so nah: Die Badestellen an der Neuen Donau bieten Abkühlung. Achtung: Nur, wennman (noch) nüchtern ist.
– 17. Irgendwie gehört das Donauinselfest zum Leben in Wien dazu – inklusive darüber zu jammern.
– 18. Apropos jammern: Schon auf dem Weg auf die Insel spürt man, wie nervtötend Menschenmassen sind. Einen Vorgeschmack darauf gibt es in den vollgestopften U- und Straßenbahnen.
– 19. Glückwunsch, wer es schafft, seineBegleiterimGetümmel nicht zu verlieren. Gratulation an jene, die sich bis ans andere Ende der Insel drängeln müssen, um sich wiedermitihnenzuvereinen.
– 20. Überhaupt, weil der Handy-Empfangoftoaschist.
– 21. Ständig wirdman nach dem Weg gefragt. Wer jetzt noch nicht grantig ist, ist keinWiener.
– 22. „Das beste am Donauinselfest ist sein Ende“ist in einigen Wohnhäusern der Donaucity auf Stickern zu lesen. Die Anrainer plagt allen voran der Lärm.
– 23. Getränkedosen, EinweggeschirrundWegwerf-Regenponchos: Eine Großveranstaltung wie das Donauinselfest produziert Müll en masse – trotz aller Bemühungen um Umweltschutz.
– 24. DasGeländeistbisandie Grenzen der Penetranz mit Werbung zugepflastert. – 25. DieGelsensindhungrig. – 26. Die Pollen treiben Allergiker in denWahnsinn.
– 27. Vor den unbeschatteten Bühnen fängt man sich leicht einen Sonnenbrand ein.
– 28. Nach dem Mitgrölen und Tanzen sind alle durstig. Das bedeutet: lange Warteschlangen an den Getränkeständen.
– 29. Die Geduld macht sich ansomanchemStandnurbedingt bezahlt: Die Betreiber haben Vorgaben, welche Getränke sie anbieten dürfen.
– 30. Irgendwer übertreibt es immer. BetrunkeneJugendlicheoderMänner, diesicheinfach in der Botanik erleichtern zum Beispiel.
– 31. MeistenssindfürdasDonauinselfest Gewitter angesagt. Daher weiß man nie, was man anziehen soll.
– 32. Wenn es heißt ist, steckt man in dem Dilemma, vernünftigerweise genug trinken zu wollen – aber nicht allzu oft die öffentlichen WCs aufsuchen zu müssen.
– 33. Nie hört man „Reif für die Insel“so oft wie am Donauinselfest.
– 34. Die restliche Stadt fährt ihr Programm zurück, es gibt kaumAlternativ-Events.
– 35. Die Donauinselfest-Ignorierer haben die Innenstadt also für sich allein.
– 36. Nach jedem Donauinselfest ist man ein wenig enttäuscht. Irgendwieistesja doch immer dasselbe.