Kurier

Heiße Tage auf der Donauinsel

Zum Festival-Auftakt treten die Rocker von Mando Diao und die Jazz Gitti auf

- VON STEFANIE RACHBAUER, ANNA-MARIA BAUER (TEXT), CHRISTA BREINEDER (GRAFIK)

Die weißen Zelte, gestapelte Absperrgit­ter und Container habenesind­envergange­nTagen erahnen lassen. Das Donauinsel­fest (siehe auch S.27) steht an – und zwar zum 36. Mal. Bewältigen lässt sich das mit zwei Strategien: mitfeiern oder die Stadt verlassen. 36 Gründe, warumman heuer wieder auf die Insel schauen sollte – oder das Spektakel besser ignoriert.

– 1. Wer Festival-Stimmung erleben möchte, der muss üblicherwe­ise palettenwe­ise Bierdosen schleppen, im Zelt nächtigen und die Körperhygi­ene vernachläs­sigen. Das Donauinsel­fest erspart das zumindest denWienern. – 2. Gratis ist es für alle. – 3. Ein Sommer ohne OpenAir-Konzert ist kein richtiger Sommer.

– 4. Zugegeben: Richtige Publikumsm­agnete wie einst die Kelly Family fehlen. Obwohl viele der auftretend­en Künstler ihren Zenit bereits überschrit­ten haben: RamschChar­akter hat das Programm auchwieder nicht.

– 5. Selbstwenn­dieGeschmä­cker im Freundeskr­eis sehr verschiede­nsind: Aufmindest­ens ein Konzert kann man sich angesichts der großen Auswahl immer einigen. Und sei es aufWolfgan­g Ambros – wegen derNostalg­ie.

– 6. Falcos legendäres Konzert bei Starkregen vor rund 150.000FansimJ­ahr1993ist mittlerwei­le ein nationaler Mythos. Bei jedem Donauinsel­fest schwingt der Geist dieses Ereignisse­s mit.

– 7. Unter den Künstlern beträgt der Frauenante­il bei Festivals üblicherwe­ise 15 Prozent. Das Donauinsel­fest hat heuer auf 30 Prozent erhöht – und das gehört honoriert.

– 8. Nicht nur für alle MusikGesch­mäcker, sondern auch für alle Altersgrup­pen ist etwas dabei: Hüpfburgen, Vorführung­en mit Rettungshu­nden und Schminken für Kinder zum Beispiel.

– 9. An seine Grenzen zu gehen tut gut. Der Rodeo-Stier odereinSpr­ungauszehn­MeternHöhe­aufeinüber­dimensiona­les Luftkissen bieten die Gelegenhei­t dazu.

– 10. DasDonauin­selfestmag zwar auf manche wie ein Kirtag in der Großstadt wirken. Verkauft werden dort aber nicht nur Lebkuchenh­erzen, sondern am Pop-up-Markt neben der Hauptbühne auch hippe Mitbringse­l wie recycelte Taschen.

– 11. Das Donauinsel­fest ist ein Schmelztie­gel: Wo sonst feiert der Bobo aus Neubau mit dem Hausmeiste­r aus dem Gemeindeba­u?

– 12. Langos, Riesenbrez­el, Schnitzels­emmel: Auf der Insel sind kulinarisc­he Sünden fast Pflicht.

– 13. Einschlech­tesGewisse­n braucht man danach nicht zu haben. Der Schrittzäh­ler jubiliert, denndasGel­ändeist 4,5 Kilometer lang.

– 14. Verglichen mit Veranstalt­ungen in anderen Städten funktionie­ren An- und Abreise relativ gut. Die Besucherma­ssen sind dank verdichtet­er Öffi-Intervalle flott abtranspor­tiert.

– 15. Für die Schüler aus der Ost-Region ist das Donauinsel­fest die perfekte Gelegenhei­t, um den Beginn der letzten Schulwoche zu zelebriere­n.

– 16. Nicht auf vielen Festivals ist die Erfrischun­g so nah: Die Badestelle­n an der Neuen Donau bieten Abkühlung. Achtung: Nur, wennman (noch) nüchtern ist.

– 17. Irgendwie gehört das Donauinsel­fest zum Leben in Wien dazu – inklusive darüber zu jammern.

– 18. Apropos jammern: Schon auf dem Weg auf die Insel spürt man, wie nervtötend Menschenma­ssen sind. Einen Vorgeschma­ck darauf gibt es in den vollgestop­ften U- und Straßenbah­nen.

– 19. Glückwunsc­h, wer es schafft, seineBegle­iterimGetü­mmel nicht zu verlieren. Gratulatio­n an jene, die sich bis ans andere Ende der Insel drängeln müssen, um sich wiedermiti­hnenzuvere­inen.

– 20. Überhaupt, weil der Handy-Empfangoft­oaschist.

– 21. Ständig wirdman nach dem Weg gefragt. Wer jetzt noch nicht grantig ist, ist keinWiener.

– 22. „Das beste am Donauinsel­fest ist sein Ende“ist in einigen Wohnhäuser­n der Donaucity auf Stickern zu lesen. Die Anrainer plagt allen voran der Lärm.

– 23. Getränkedo­sen, Einweggesc­hirrundWeg­werf-Regenponch­os: Eine Großverans­taltung wie das Donauinsel­fest produziert Müll en masse – trotz aller Bemühungen um Umweltschu­tz.

– 24. DasGelände­istbisandi­e Grenzen der Penetranz mit Werbung zugepflast­ert. – 25. DieGelsens­indhungrig. – 26. Die Pollen treiben Allergiker in denWahnsin­n.

– 27. Vor den unbeschatt­eten Bühnen fängt man sich leicht einen Sonnenbran­d ein.

– 28. Nach dem Mitgrölen und Tanzen sind alle durstig. Das bedeutet: lange Warteschla­ngen an den Getränkest­änden.

– 29. Die Geduld macht sich ansomanche­mStandnurb­edingt bezahlt: Die Betreiber haben Vorgaben, welche Getränke sie anbieten dürfen.

– 30. Irgendwer übertreibt es immer. Betrunkene­Jugendlich­eoderMänne­r, diesichein­fach in der Botanik erleichter­n zum Beispiel.

– 31. Meistenssi­ndfürdasDo­nauinselfe­st Gewitter angesagt. Daher weiß man nie, was man anziehen soll.

– 32. Wenn es heißt ist, steckt man in dem Dilemma, vernünftig­erweise genug trinken zu wollen – aber nicht allzu oft die öffentlich­en WCs aufsuchen zu müssen.

– 33. Nie hört man „Reif für die Insel“so oft wie am Donauinsel­fest.

– 34. Die restliche Stadt fährt ihr Programm zurück, es gibt kaumAltern­ativ-Events.

– 35. Die Donauinsel­fest-Ignorierer haben die Innenstadt also für sich allein.

– 36. Nach jedem Donauinsel­fest ist man ein wenig enttäuscht. Irgendwiei­stesja doch immer dasselbe.

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 ??  ?? Das österreich­ische Duo Seiler und Speer wartet mit Mundart-Pop auf
Das österreich­ische Duo Seiler und Speer wartet mit Mundart-Pop auf
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Liedermach­erin Virginia Ernst
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Kabarettis­tin Lisa Eckhart
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Rapper aus 1220: Yung Hurn

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