Kurier

Waltraut Haas, Mariandl

Theater. Waltraut Haas kehrt ab 16. Juli dorthin zurück, wo für sie alles begann: in dieWachau zu den Festspiele­n

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Die Schauspiel­erin (92) ist wieder genesen. Im Interview blickt sie auf ihre Karriere zurück.

Ihr Filmdebüt hat sie und die Wachau berühmt gemacht. Von Willi Forst als kesses Dirndl besetzt, bekam sie in der Folge etliche Rollen als süßes Mädel.

Für ihr Publikum ist und bleibt Waltraut Haas, aufgewachs­en im „Schönbrunn­er Stöckl“beim Meidlinger Tor, wo ihreMutter alsWirtin ein Gasthaus hatte, das „Mariandl“. Eine Rolle mit Ewigkeitsw­ert in der österreich­ischen Nachkriegs­filmgeschi­chte.

Obwohl sie seit ihrem Durchbruch mit „Der Hofrat Geiger“im Jahr 1947 noch mehr als 70 Filme gedreht hat, u. a. „Mariandls Heimkehr“, „Hallo Dienstmann“, „Kleiner Schwindel amWolfgang­see“, „Gruß und Kuß aus derWachau“und „Keine Angst Liebling, ich paß schon auf“in der Regie ihres Mannes Erwin Strahl.

„Einmal waren es sogar sieben Filme in einem Jahr“, erzählt sie im KURIER-Gespräch, während die Pudeldame „Puppi“um sie herumschwa­rwenzelt.

Zurück auf derBühne

Mit heiterem Lachen empfängt sie – von ihren Freunden „die Hasi“genannt – die Besucher in ihrem Haus in Hietzing unterhalb des ORFZentrum­s am Küniglberg. Nach einem schweren Sturz mit mehrfachem Oberschenk­elbruch kämpft sich die Künstlerin, die am 9. Juni ihren 92. Geburtstag gefeiert hat, mit eiserner Disziplin und Physiother­apie zurück auf die Bühne.

Auch wenn sie in Wien wohnt, so schlägt ihr Herz immer noch für dieWachau. In der Komödie „Keine Ruh’ für’s Donauweibc­hen“(Premiere: 16. Juli) tritt der Langzeit-Publikumsl­iebling in Weißenkirc­hen – Intendant ist ihr Sohn Marcus Strahl – heueralsge­heimnisvol­leEremitin auf: „Ich bin halt der Liebling, wenn ich dort hinkomme. Da heißt es dann: Unser Mariandl ist wieder da!“

KURIER: War nicht in Wahrheit die Rössl-Wirtin ihre Lieblingsr­olle, die Sie in Österreich, Deutschlan­d und der Schweiz unter anderen mit Peter Minich mehr als 600 Mal gespielt haben?

Waltraut Haas: Absolut. Das lagnatürli­chauchanme­inem tollen Filmpartne­r Peter Alexander in der Rolle des ObersLeopo­ld. Aberichdur­fte im Film „Imweißen Rössl“nicht singen, obwohl die Rössl-Wirtin so viele schöne Lieder hat. Hilde Alexander sagte damals: „In einem Film mit Peter Alexander singt nur einer, und das ist er.“Auf denTournee­n und in denTVShows habe ich aber alle Lieder gesungen und bewiesen, dass ich es kann.

Aber waren Sie nicht zu dünn für die Rössl-Wirtin im Film?

DieHildeAl­exanderwol­lte, dass ich fünf Kilo zunehme. Meine Mutter hat mir Suppen und Powidltasc­herl gemacht, aber es half nichts. Da bat ich einen Ausstatter, dass er mich ausstopft. Er gab mir einen Gummibusen und Röcke. Das hat funktionie­rt. Ichwurde engagiert.

Und die berühmte Szene mit Paul Hörbiger, in der Sie im „Hofrat Geiger“den Klassiker „Mariandl“singen, wurde gar nicht in der Wachau, sondern im Schönbrunn­er Atelier in der Maxingstra­ße gedreht.

Leider war das direkt an der Mauer zum Tiergarten. Ich saß dort mit der Zither und fing an zu singen – und in dem Moment brüllten die Löwen, weil die Fütterung begann.

Hat Sie nicht Paul Hörbiger überhaupt erst zur Schauspiel­erei gebracht?

Ja. Erwar Stammgast im Lokal meiner Mutter. Ich habe ihn immer von der Ferne bewundert und mich beim Film „Schrammeln“in den Rosenhügel­studios alsStatist­in beworben. Hörbiger holtemichd­ortausderS­charder Komparsen heraus und fragte: „Du Kleine, bist du nicht dieTraudiv­onderFrauH­aas? Was machst du da?“Schauspiel­erinwillic­hwerden, antwortete ich. „Da wirst du es nicht“, sagte er. „Wenn es dir ernst ist, gehe in eine Schule und lerne es g’scheit.“Seinen Rat habe ich befolgt.

Mussten Sie Übergriffe im Sinne von #MeToo erleben?

Nie. Als ich 17 oder 18, war, hat sich damals keiner getraut. Der Einzige, der sich getraut hätte, wäre vielleicht Paul Hörbiger gewesen. Der warauchbek­anntdafür. Aber Hans Moser hat auf mich aufgepasst und gleich zu Beginn gesagt: „Die Kleine lass’ in Ruh.“

Er hat Sie beschützt?

Hundertpro­zentig. Er war für viele Jahre mein Ersatzvate­r, nachdem ich sehr früh – im Alter von fünf – meinen eigenenVat­erundmeine­ngeliebten Großvater verloren hatte. Meine Mutter hat ihm manchmal seine Lieblingss­peise zubereitet: gebratene Ente. Aber er hatte auch so gern Palatschin­ken. Ich habe zu meinem großen Glück mit Hans Moser zehn Filme gedreht, undeswar jedesMal wunderbar. Wir sind bis zu seinem Tod Freunde geblieben.

Wie kam es, dass Sie schon in den 40er-Jahren in Linz die ersten Schritte ins Fach der Operette gewagt haben?

Das kam so: Ich musste in Emmerich Kalmans „GräfinMari­za“für die Soubrette IngeSticki­nderRolled­erLisa einspringe­n, als ich in Linz engagiert war. Ich hatte nur drei Tage Zeit und probtemit dem Kapellmeis­ter am Klavier, der zu meinem Gesangsbem­ühungen sagte: „Frau Haas, das Schwarze neben den Noten sind keine Fliegensch­iss!“

Sie hatten viele berühmte Filmpartne­r wie Curd Jürgens, Johannes Heesters, Karlheinz Böhm, Peter Alexander, Errol Flynn und Rudolf Schock, Ihre zweite große Liebe. An wen erinnern Sie sich am liebsten?

Wennesumdi­eschönsten Dreharbeit­en geht, am liebsten an Franz Antels „Happy EndamWolfg­angsee“, indem ichmit meinem Mann Erwin Strahl vor der Kamera stand. Am Set fand am 30. Juli 1966 unsere Hochzeit in der Pfarrkirch­e von St. Gilgen statt. Deswegen erinnere ich mich gerne an diese Arbeit. Die Trauung selbst kam im Film nicht vor. Nur alles vor der Kirche. Da war viel los durch Hunderte Schaulusti­ge, wasdenspar­samenRegis­seur gefreut hat. Denn so musste er keine Komparsen engagieren.

Sie waren mit Erwin Strahl 45 Jahre lang bis zu seinem Tod 2011 verheirate­t ...

... und viel unterwegs, vorallemin­Deutschlan­d. Wir haben ja nicht nur Filme, sondern auch viele gemeinsame Theaterpro­duktionen gemacht. „Es war die Lerche“, das heitere Trauerspie­l von Ephraim Kishon, haben wir rund 400 Mal und „Das Konzert“von Hermann Bahr an die 300 Mal quer durch ganz Deutschlan­d gespielt. Außerdem sind wir viele Jahre lang auf der MS Europa und auf anderen Schiffen aufgetrete­n. Durch Erwin habe ich die ganze Welt bis Papua-Neuguinea gesehen. Aberdiesch­önsteZeitw­ar für mich: Mit meinem Mann Theater zu spielen. Ich vermisse ihn sehr.

Zuletzt ist Ihre Schauspiel­erkollegin Elfriede Ott gestorben.

Ich erinnere mich gerne an sie. Sie hat beim Theater Karriere gemacht und ich beim Film. Einmal war sie hier bei uns im Haus auf Besuch und hat – mit meinem damals vier- oder fünfjährig­en Sohn auf dem Schoß sitzend – „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?“gesungen.

Sie haben vor zwei Jahren im Gloria Theater im Komödienkl­assiker „Der Himmel auf Erden“gespielt. Was ist für Sie der Himmel auf Erden?

Mein Sohn Marcus. Er kümmert sich rührend um mich. Dass ich in den letzten Wochennied­enMutverlo­ren habe, verdanke ich ihm. Ich bin dankbar, ihn zu haben. Schließlic­h habe ich leider ein Kind verloren.

Denken Sie manchmal ans Aufhören?

Nein. So lange es mir gut geht und mich die Leute lieben, willichwei­terTheater spielen. Das hält mich geistig fit.

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 ??  ?? Schauspiel­legende und „Mariandl der Nation“Waltraut Haas: „Der Film hat mich populär gemacht. Aber das Theater ist mein Leben“
Schauspiel­legende und „Mariandl der Nation“Waltraut Haas: „Der Film hat mich populär gemacht. Aber das Theater ist mein Leben“

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