Wie ein Naturjuwel ein Megakraftwerk ersetzte
30. Jahrestag. Das Aus für das Kraftwerk Dorfertal machte denWeg für denNationalpark frei
„Es war ein wunderschöner Frühlingstag. Da habe ich gewusst, dassesvorbeiwar“, erinnert sich Theresia Hartig. 1989 verkündete Wirtschaftsminister Robert Graf, dass sich das geplante Speicherkraftwerk Dorfertal in der Gemeinde KalsamGroßglockner wirtschaftlich nicht rechne und daher nicht gebaut werde. Damit endeten jahrelange Diskussionen im Spannungsfeld von E-Wirtschaft und Naturschutz, und ein Meilenstein für die Errichtung des Tiroler Teils des Nationalparks Hohe Tauern war gesetzt. Hartig engagierte sich damals in einer Bürgerinitiative.
Pläne für ein Kraftwerk im entlegenen Dorfertal, heute im Herzen des Nationalparks, gabesseitdenSiebzigerjahren. Das Tal schien prädestiniert: Eine enge KlammamEingang, dahinter ein lang gezogenes, weites Tal. Der größte Speichersee Österreichs sollte entstehen.
200Meter Staumauer
„Ein Traum für die Technik“, sagt Wolfgang Retter, Mitgründer des Vereins „Erholungslandschaft Osttirol“, undebenfallseinKraftwerksgegner. „Es war wirklich ideal, man musste die Energiewirtschaft verstehen“, pflichtet Hartig bei. Geplant war eine Staumauer mit mehr als 200 Metern Höhe, der See sollte 250 Millionen KubikmeterWasser fassen.
„Aber es war uns klar, dassdasOpferzugroßist“, erzählt Hartig. Doch fast wäre die Einsicht zu spät gekommen. Die Pläne waren weit fortgeschritten, eine Straße fürdenBaubereits errichtet.
Erst in den Jahren vor der Absage engagierte sich die Kalser Bevölkerung gegen den Bau. Die Bäuerin im letzten Hof des Ortes wurde als erste initiativ. Sie organisierte ein Treffen von rund 80 Kalsern. „Da hat sich herausgestellt, keiner ist gefragt worden“, sagt Hartig. Daraufhin bildete sich rasch eine Bürgerinitiative. Diese erreichte eine Volksbefragung, bei der sich 63 Prozent derKalsergegendenBauaussprachen. Den Ausschlag gaben letztendlich aber wirtschaftlicheGründe.