Sorgen lösen sich in Waldluft auf
Einen überdimensionierten Rucksack auf dem Rücken, eine Großpackung Sorgen im Nacken. So brach ich auf, zum Abenteuerwochenende mit Mann und Maus, nein mit Kind und Hund.
Ich hatte seit Tagen Angst vor den Gelsen, die mich bei lebendigem Leib aussaugen würden; den Unwettern, vor denen man nicht in Deckung gehenwerde können; der Nacht im Freien, bei der Salonhund Daria keine Ruhe finden würde; der Selbstversorger-Wildkräuterküche, die dem Kind nicht schmecken würde; dem Lagerfeuerrauch, vor dem Daria sich seit Welpenalter zitternd verkriecht; den tiefen Stellen der Raab, die wir bei der Klamm-Wanderung womöglich mit der wasserscheuen Daria durchschwimmen würden müssen. Daria hatte vieles: Hunger, Neugier, Interesse an den anderen Hunden. Nur eines hatte sie nicht: Angst.
MüdeHundeschlafen gut
Wir kamen ins Waldlager, die Hunde suchten zuerst den Komposthaufen, die Menschen das Plumpsklo. Trotz unterschiedlicher Prioritätensetzung harmonierten wir und ich konnte zusehen, wie sichmeine Angst inWaldluft auflöste:
Die Unwetter blieben aus, und es hätte sowieso einen Unterstand gegeben. Die Gelsen hielten sich fern, und vor Spinnen fürchte ich mich nicht. Die Tochter beteiligte sich am Wildkräuter-Pflücken ebensowie am Brennesselspinatessen.
Und Daria? Die hielt neben mir einen gesegneten Nachtschlaf bis 8 Uhr, ohne ein Vogelzwitschern oder Hundebellen zu registrieren. Müde Hunde schlafen gut.
Echt überrascht war ich aber, als ich Daria während des Anheizens des Lagerfeuers einen Platz weit weg vom Rauch richtete, sie aber, wie die anderen Hunde, bei der Meute sitzen wollte und so tat, als würde sie den Rauch nicht riechen.
Blieb noch meine Sorge um Daria im tiefen Wasser. Die schien unberechtigt, denn wir wanderten nur etwa knöcheltief durch die Raab und Daria ging mutig einige Meter vor mir. Plötzlich rief eine Stimme: „Birgit, dein Hund schwimmt!“Daria war tatsächlich mit anderen Hunden an eine tiefe Stelle geraten und tat, was die anderen Hunde taten: Sie schwamm. So, als hätte sie vergessen, dass sie davor seit neun Jahren die größte Angst hat.
Zufrieden fuhren wir nach zwei Tagen heim. Um die Erkenntnis reicher, dass Angst ein aufdringlicher Reisebegleiter ist, den man getrost daheim lassen kann.