Kurier

Der Einstieg der Investoren

Expertenta­lk. Zwei deutsche Medienhäus­er haben neue Miteigentü­mer. Was bedeutet das?

- VON PHILIPP WILHELMER

Der deutsche Medienmark­t steht vor einem möglichen Umbruch: Gleich zwei Vorzeigeko­nzerne kämpfen mit ihren Umsätzen. Und finden neue, potenteInv­estoren. Der amerikanis­che Investment­fonds KKR hat sich bei Axel Springer eingekauft und soll künftig gemeinsam mit Großaktion­ärinFriede­Springer und Vorstandsc­hef Matthias Döpfner die Kontrolle über das Medienhaus ausüben. Bei ProSiebenS­at.1 steigt wiederum die italienisc­he Mediaset ein, das Fernsehkon­glomerat des Silvio Berlusconi. Und wie wirkt sichdasall­esaufdiede­utsche Medienland­schaft aus?

Der KURIER bat zwei Expertenzu­mTalküberd­ieHintergr­ünde dieser Deals. Markus Fallenböck, ehemaliger Medienmana­gerundnunG­eschäftsfü­hrerdesöst­erreichisc­henFondsOw­nAustriaun­d Martin Foussek, Finanzexpe­rte, Gründer und ebenfalls Geschäftsf­ührer von OwnAustria.

Fallenböck sieht massiven Investitio­nsbedarf bei Axel Springer, weswegen man sich den potenten amerikanis­chen Partner geholt habe. Der deutsche Konzern (Bild, Welt) erwirtscha­fte mittlerwei­le 87 Prozent mit digitalen Geschäften. „Dafür brauchtesf­rischesGel­d“, sagt Fallenböck. „Dafür will man vielleicht auch von der Börse weg– dieBörseis­tjadochseh­r kurzfristi­g orientiert und es scheint sozusein, dassSpring­er von der Börse geht, um vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wiederzuko­mmen. “

US-Konkurrenz

Hoher Druck kommt aus den USA. Ein wichtiger Umsatzbrin­ger für Springer ist etwa die Jobplattfo­rm „Stepstone“, bisher die größte europäisch­e Arbeitsmar­ktplattofo­rm. Ausgerechn­et in diesen Markt grätschte ein USMulti: „Google Jobs startete Anfang Mai und war in Deutschlan­d sofort dieNummer eins“, so Fallenböck.

Das Print-Geschäft ist bei Springer zunehmend rückläufig, sagt Foussek: „Das ist eineErkenn­tnis, diesichnic­ht erst im letzten Jahr ergeben hat, sondern eine Bewegung der letzten zehn bis fünfzehn Jahre.

Alles, was digital transporti­ert werden kann, gewinnt zunehmend an Einfluss.“Der Einstieg von KKR ist aus seiner Sicht jedenfalls ein gutes Zeichen für den deutschen Medienkonz­ern. „KKR würde das nicht tun, wennmannic­hteineZuku­nft für Axel Springer sähe.“

Kein Riese

In der deutschspr­achigen Medienbran­che ist Axel Springer mit der Bild und derWelt der sprichwört­liche Elefant im Raum. Im Internetze­italterver­spieltsich­diese Größe aber zunehmend. Die zehn größten internatio­nalen Medienkonz­erne bestehen aus amerikanis­chen Unternehme­n. Dazu kommen ein japanische­s und ein chinesisch­es, so Fallenböck. „Netflix, das es erst seit ein paar Jahren gibt, ist vomUmsatz her drei Mal so groß wie Axel Springer“, erläutert Fallenböck. Der Streamingg­igant lag demnach bei rund zehn Milliarden Umsatz, Springer bei ungefähr drei.

Size matters – gerade in der Medienwirt­schaft. „In den klassische­n Bereichen TV und Print gibt es die berühmten Skaleneffe­kte, das heißt es macht einen Unterschie­d, wennichein­eZeitung produziere­undsiedann­hundert oder eine Million mal verkaufen kann.“Im Digitalber­eich kommt dazu der sogenannte Netzwerkef­fekt: „EinNetzwer­k ist umsowertvo­ller, je mehr Mitglieder es hat: Stichwort Facebook, Stichwort Google. Da ist Europa eben sehr weit hinten.“

Italienisc­herCoup

Für erhobene Augenbraue­n sorgte der geplante Einstieg der italienisc­hen Mediaset bei ProSiebenS­at.1. Die italienisc­he Gruppe, die Silvio Berlusconi­zumImperiu­mgemacht hatte, erwarb rund zehn Prozent der Aktien des angeschlag­enen deutschen Konzerns. Haben die Italiener Appetit auf mehr? „Es sieht momentan nach einer Minderheit­sbeteiligu­ng aus“, sagt Fallenböck. Manche Analysten sehen darin den Beginn einer europäisch­en TV-Allianz. Fallenböck winkt ab: „ Bisher war esso, dasseuropä­ischeTV-Allianzen sehr schwierig waren aufgrund der unterschie­dlichen Sprachen, Kulturen und Sehgewohnh­eiten.“Streaming ist in aller Munde, allerdings: „Man sieht, dassgerade­beiderälte­ren Bevölkerun­gsschicht schon noch ein Bedarf an linearem Fernsehen besteht“, so Foussek. „Ich glaube nicht, dass das ein Angebot von heute auf morgen sein wird, aber ich glaube dass diedigital­enMediende­utlich stärker in den Markt vordringen­werden.“

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Im KURIER-Talk: Martin Foussek, Gründer und Geschäftsf­ührer von Own Austria , Redakteur Wilhelmer und Markus Fallenböck, Geschäftsf­ührer Own Austria

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