Der Einstieg der Investoren
Expertentalk. Zwei deutsche Medienhäuser haben neue Miteigentümer. Was bedeutet das?
Der deutsche Medienmarkt steht vor einem möglichen Umbruch: Gleich zwei Vorzeigekonzerne kämpfen mit ihren Umsätzen. Und finden neue, potenteInvestoren. Der amerikanische Investmentfonds KKR hat sich bei Axel Springer eingekauft und soll künftig gemeinsam mit GroßaktionärinFriedeSpringer und Vorstandschef Matthias Döpfner die Kontrolle über das Medienhaus ausüben. Bei ProSiebenSat.1 steigt wiederum die italienische Mediaset ein, das Fernsehkonglomerat des Silvio Berlusconi. Und wie wirkt sichdasallesaufdiedeutsche Medienlandschaft aus?
Der KURIER bat zwei ExpertenzumTalküberdieHintergründe dieser Deals. Markus Fallenböck, ehemaliger MedienmanagerundnunGeschäftsführerdesösterreichischenFondsOwnAustriaund Martin Foussek, Finanzexperte, Gründer und ebenfalls Geschäftsführer von OwnAustria.
Fallenböck sieht massiven Investitionsbedarf bei Axel Springer, weswegen man sich den potenten amerikanischen Partner geholt habe. Der deutsche Konzern (Bild, Welt) erwirtschafte mittlerweile 87 Prozent mit digitalen Geschäften. „Dafür brauchtesfrischesGeld“, sagt Fallenböck. „Dafür will man vielleicht auch von der Börse weg– dieBörseistjadochsehr kurzfristig orientiert und es scheint sozusein, dassSpringer von der Börse geht, um vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen. “
US-Konkurrenz
Hoher Druck kommt aus den USA. Ein wichtiger Umsatzbringer für Springer ist etwa die Jobplattform „Stepstone“, bisher die größte europäische Arbeitsmarktplattoform. Ausgerechnet in diesen Markt grätschte ein USMulti: „Google Jobs startete Anfang Mai und war in Deutschland sofort dieNummer eins“, so Fallenböck.
Das Print-Geschäft ist bei Springer zunehmend rückläufig, sagt Foussek: „Das ist eineErkenntnis, diesichnicht erst im letzten Jahr ergeben hat, sondern eine Bewegung der letzten zehn bis fünfzehn Jahre.
Alles, was digital transportiert werden kann, gewinnt zunehmend an Einfluss.“Der Einstieg von KKR ist aus seiner Sicht jedenfalls ein gutes Zeichen für den deutschen Medienkonzern. „KKR würde das nicht tun, wennmannichteineZukunft für Axel Springer sähe.“
Kein Riese
In der deutschsprachigen Medienbranche ist Axel Springer mit der Bild und derWelt der sprichwörtliche Elefant im Raum. Im Internetzeitalterverspieltsichdiese Größe aber zunehmend. Die zehn größten internationalen Medienkonzerne bestehen aus amerikanischen Unternehmen. Dazu kommen ein japanisches und ein chinesisches, so Fallenböck. „Netflix, das es erst seit ein paar Jahren gibt, ist vomUmsatz her drei Mal so groß wie Axel Springer“, erläutert Fallenböck. Der Streaminggigant lag demnach bei rund zehn Milliarden Umsatz, Springer bei ungefähr drei.
Size matters – gerade in der Medienwirtschaft. „In den klassischen Bereichen TV und Print gibt es die berühmten Skaleneffekte, das heißt es macht einen Unterschied, wennicheineZeitung produziereundsiedannhundert oder eine Million mal verkaufen kann.“Im Digitalbereich kommt dazu der sogenannte Netzwerkeffekt: „EinNetzwerk ist umsowertvoller, je mehr Mitglieder es hat: Stichwort Facebook, Stichwort Google. Da ist Europa eben sehr weit hinten.“
ItalienischerCoup
Für erhobene Augenbrauen sorgte der geplante Einstieg der italienischen Mediaset bei ProSiebenSat.1. Die italienische Gruppe, die Silvio BerlusconizumImperiumgemacht hatte, erwarb rund zehn Prozent der Aktien des angeschlagenen deutschen Konzerns. Haben die Italiener Appetit auf mehr? „Es sieht momentan nach einer Minderheitsbeteiligung aus“, sagt Fallenböck. Manche Analysten sehen darin den Beginn einer europäischen TV-Allianz. Fallenböck winkt ab: „ Bisher war esso, dasseuropäischeTV-Allianzen sehr schwierig waren aufgrund der unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Sehgewohnheiten.“Streaming ist in aller Munde, allerdings: „Man sieht, dassgeradebeiderälteren Bevölkerungsschicht schon noch ein Bedarf an linearem Fernsehen besteht“, so Foussek. „Ich glaube nicht, dass das ein Angebot von heute auf morgen sein wird, aber ich glaube dass diedigitalenMediendeutlich stärker in den Markt vordringenwerden.“