Kinderbuch der Rekorde
Schaden oder Nutzen? WennMädchen sportliche Höchstleistungen erbringen
Rekorde gehören zur Leistungsgesellschaft wieein- undausatmen. Umaufzufallen, mussmanalso schon noch eines drauflegen. Die 10-jährige Selah Schneiter kann das von sich behaupten, seit sie im Juni als bisher jüngste Kletterin der Welt, den 900 Meter hohen„ElCapitan“imYosemite Nationalpark in den USA bezwungenhat.„TheNose“, so der Name der legendären Route, Modell extrem steil und glatt, ist schon für erwachsene Kletterer alles andere als ein Kinderspiel. Warum also, eine Zehnjährige unnötig in Gefahr bringen?„Selah“, so ihr Vater und Begleiter Mike, „war nie in Gefahr.“Auch deshalb, weil es weder Zeitdruck, nochdenWunschgab, einen Rekord aufzustellen. „Wir haben das für uns gemacht“, sagteerdemAlpinist.
DasscheintdieErfolgsformel für Höchstleistungen zu sein: Ohne Druck, aber mit einem Plan. Selah, deren Eltern beide Kletterer sind, ist mit den Bergen aufgewachsenundwar imAltervonzwei Monaten das erste Mal am Fuß des „El Capitan“.
Eine ähnliche Geschichte kann die Niederländerin Laura Dekker, heute 23, erzählen. Fast ihr gesamtes Leben verbringt sie auf Booten undwirdgeboren, als ihreEltern während einer Weltreise vorWhangarei in Neuseeland ankern. Ihr Traum, die Weltzuumsegeln, entwickelt sich früh und im September
2009 will die Niederländerin mit 13 Jahren in See stechen. Rechtsstreitigkeiten mit der niederländischen Kinderschutzbehörde verzögern den Start, der schließlich am 21. August 2010 in Gibraltar erfolgt: Dekker ist 14 Jahr alt. Auch hier sagt ihr Vater Dick, es sei seiner Tochter nie darum gegangen, jüngste Solo-Weltumseglerin zu werden. „Das Zielwar die Tour.“
Geschadet hat Dekker, wie von den Behörden befürchtet, ihr Abenteuer nicht. Ihr neues Projekt soll deshalb Jugendliche ermutigen, es ihr gleich zu tun. „Ich will weitergeben, wie man sich Selbstvertrauen erarbeitet und welche Chancen sich dabei auftun.“In drei Jahren will Dekker mit Jugendlichen an Bord die Weltmeere erobern, umihnenbeizubringen, „wie man ein Abenteuer erlebt. Gemeinsam wollen wir lernen, worauf es im Leben ankommt.“
Im Leben der Amerikanerin Tracy Austin, 56, geht es in jungen Jahren vor allem um Leidenschaft. Sie wächst in einer tennisbegeisterten Familieaufundwirdauseigenem Antrieb Profi-Spielerin, die mit 16 Jahren 1979 die US-Open gewinnt und mit 17 Jahren mehrere Monate die Nummer eins der Welt ist. Einen Beraterstab wie heute gibt es damals nicht. „Ich war die Erste, die in so jungen Jahren so viel Erfolg hatte. Es gab keine Vorbilder und ich war auf mich alleine gestellt, wenn es darum ging, richtige Entscheidungen zu treffen.“Austin überfordert ihren junge Körper und muss nach vielen Verletzungen mit 21 Jahren ihre Karriere beenden.
Geschadet hat der Dreifach-Mutter der jugendliche Erfolg aber nicht, wie sie einem Magazin verriet: „Ich verdanke dem Sport Antrieb, DisziplinunddieFähigkeit, mitFrustrationumzugehen. Aufgeben ist niemals eine Option. Man muss sich selbstvertrauenunddarfsich nie entmutigen lassen.“