Kurier

Harte Limits für Parteispen­den, aber Hintertür bleibt offen

Rot-blaue Einigung. Großspende­r können – zumindest offiziell – Parteien kaum mehr unterstütz­en

- VON C. BÖHMER UND B. GAUL

Das „freie Spiel der Kräfte“hat wieder zugeschlag­en – mit einer großen Überraschu­ng: Sonntagmit­tag verkündete­n SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt eine Einigung auf neue Regeln bei den Parteifina­nzen. Dass diese geändert werden müssen, darüber waren sich alle Parteien nach dem Ibiza-Video einig, in dem ExFPÖ-Chef Strache erklärte, wie man die geltenden Regeln umgehen kann.

Rot-Blau-Jetzt möchten nun „faire Bedingunge­n für alle“bei der Finanzieru­ng gewährleis­ten, zudem solle „Einflussna­hme durch Großspende­n auf politische Parteien“verhindert werden, hieß es in einer Aussendung.

Konkret sieht die Regelung, die in der kommenden Woche beschlosse­n und schon ab Dienstag, dem 9. Juli, gelten soll, folgende harte Regeln vor:

– Spendenlim­it pro Person Geplant ist die Einführung einer Spendenobe­rgrenze von 7.500 Euro pro Kalenderja­hr für alle Spender, also auch juristisch­e Personen. Zudem kommt ein Stückelung­sverbot, damit kein Gönner mehrmals 7.500 Euro spendet.

– Spendenlim­it pro Jahr Einführung einer Spendenobe­rgrenze pro politische­r Partei von 750.000 Euro pro Kalenderja­hr. Darüber hinaus gehende Spenden sind von der betroffene­n Partei unverzügli­ch dem Rechnungsh­of zu überweisen, der diese in Zusammenar­beit mit dem Parlament für die Förderung der Demokratie­bildung zu verwenden hat. – Spenden sofort öffentlich Spenden über 2.500 Euro pro Jahr müssen unverzügli­ch dem Rechnungsh­of gemeldet werden, der Spendenhöh­e und Spender sofort zu veröffentl­ichen hat.

– Keine Auslandssp­enden In Zukunft sollen Spenden von ausländisc­hen natürliche­n oder juristisch­en Personen unzulässig sein. – Barspenden nur bis 500 Euro Geldspende­n als auch anonyme Spenden sollen nur mehr in Höhe von maximal 500 Euro erlaubt sein, bisher waren es 2.500 Euro (Cash) beziehungs­weise 1.000 Euro.

– Massive Strafen drohen Wer mehr ausgibt, als die derzeit bei Nationalra­tswahlen erlaubten 7,14 Millionen Euro, riskiert derzeit eine Geldstrafe von zehn bis maximal 25 Prozent des Überziehun­gsbetrages. Künftig soll die Mindeststr­afe bei 15 Prozent liegen und dann gestaffelt ansteigen: Wer die Kostengren­ze um mehr als die Hälfte überzieht, zahlt dann eine Strafe von 150 Prozent des Überziehun­gsbetrages. Das wäre bei der ÖVP 2017 der Fall gewesen.

– Rechnungsh­of außen vor

Die vom Rechnungsh­of vorgeschla­gene echte Kontrolle der Parteifina­nzen durch den Rechnungsh­of findet sich nicht in der geplanten Regelung. Stattdesse­n soll der Unabhängig­e Parteien-Transparen­z-Senat im Kanzleramt ein „Sachverstä­ndigenguta­chten über Plausibili­tät der Wahlkampff­inanzen“einholen. Dieses soll frühestens ein halbes Jahr nach der Wahl vorliegen.

– Personenko­mitees Außerdem müssen Personenko­mitees, die eine Partei Unterstütz­en, registrier­t und in die Wahlkampfk­ostengrenz­e eingerechn­et werden.

Für Volksparte­i-General Karl Nehammer ist die vorgeschla­gene Neuregelun­g des Parteienge­setzes eine „Farce“. Der Entwurf sehe weder eine Verringeru­ng der Parteienfö­rderung, noch ein Aus für „Umgehungsv­ereine“vor. Die „rot-blaue Allianz der Intranspar­enz“sei durch den „Erfüllungs­gehilfen Peter Pilz“vervollstä­ndigt worden

„Enttäuscht und verärgert“zeigen sich auch die Neos. Vize-Klubchef Niki Scherak sieht in der rot-blauen Einigung „eine absolute Transparen­z-Nullnummer. Anstatt endlich 365 Tage in Jahr transparen­te Parteifina­nzen und harte Sanktionen zu schaffen, scheitert man schon am absoluten Minimum. Volle Prüf- und Einsichtsr­echte für den Rechnungsh­of fehlen ebenso, wie ein Ende von Umgehungsk­onstruktio­nen, wie sie gerade die SPÖ in den letzten Tagen ungeniert zugegeben hat.“Mit anständige­r Politik habe das „nichts zu tun“.

Experte: Schnellsch­uss

Aber auch der auf Parteifina­nzen spezialisi­erte Politikwis­senschafte­r Hubert Sickinger gibt dem Vorschlag ein Nicht genügend. Er sieht nur einen „Schnellsch­uss“und vermisst insbesonde­re eine Verschärfu­ng der Kontrollen – etwa durch den Rechnungsh­of – und befürchtet, dass die niedrig angesetzte Spendenobe­rgrenze Umgehungsk­onstruktio­nen provoziere­n wird. Auch eine Antwort auf das im Ibiza-Video geschilder­te Szenario der Umgehung der Transparen­zregeln durch Vereine sieht Sickinger nicht, denn: „Die Kontrollme­chanismen werden nicht verbessert.“Sickinger plädiert für eine dringende Überarbeit­ung des Vorschlags, bevor er am Mittwoch beschlosse­n wird.

Die Woche wird also nicht nur meteorolog­isch heiß: Mehr als dreißig Beschlüsse sollen – mit unterschie­dlichen Mehrheiten – im Nationalra­t am Dienstag und Mittwoch beschlosse­n werden (eine Auswahl finden Sie rechts).

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Auslöser für die Debatte über ein neues Parteispen­dengesetz war das Ibiza-Video mit Ex-FPÖ-Chef Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Gudenus
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Neos-Vizechef Niki Scherak: „Transparen­z-Nullnummer“
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Parteifina­nz-Experte Sickinger: „Einigung ist ein Schnellsch­uss“

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